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Kaninchen aus dem EZB-Zylinder

Beschlüsse des EZB-Rats (ohne Zinsbeschlüsse)

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Januar 2013
Marktoperationen
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Zusätzliche Überprüfung des Verzeichnisses der zugelassenen nicht geregelten Märkte und solcher Emittenten, die als Institution mit öffentlichem Förderauftrag klassifiziert wurden

Am 17. Januar 2013 nahm der EZB-Rat eine zusätzliche Überprüfung des Verzeichnisses der nicht geregelten Märkte, die für geldpolitische Geschäfte des Eurosystems zugelassen sind, zur Kenntnis und fasste den Beschluss, den Global Exchange Market (GEM) in das Verzeichnis aufzunehmen.
Darüber hinaus billigte der EZB-Rat die Klassifizierung der Ersten Abwicklungsanstalt (EAA) und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als Institutionen mit öffentlichem Förderauftrag.
Die von EEA und ESM ausgegebenen Schuldtitel fallen somit unter die Liquiditätskategorie II der für Kreditgeschäfte des Eurosystems zugelassenen Sicherheiten. Das aktualisierte Verzeichnis der nicht geregelten Märkte, die von der EZB zugelassen sind, ist auf der EZB-Website abrufbar.
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veröffentlicht am 25. Januar 2013

Europäische Zentralbank
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Tel.: +49 69 1344 7455, Fax: +49 69 1344 7404
Internet: http://www.ecb.europa.eu

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.

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Medienecho
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Refinanzierung von Geschäftsbanken
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Anmerkung
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Eine Bewertung der Entscheidungen des EZB-Rates und ein entsprechender Kommentar zum Medien-Artikel und dessen Lesermeinungen folgt in Kürze.
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Ihr Oeconomicus

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der Kommentar:

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Finanzminister Wolfgang Schäuble weiß zwar nicht, ob alle Staaten zum 1. Januar ihren Anteil in den ESM einbezahlt haben.
Gleichwohl können Banken jetzt ESM-Anleihen bei der EZB zu Geld machen. Das ist ein  fragwürdiger Vorgang, schreibt  
WOLFGANG PHILIPP*.
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Dr. iur. Wolfgang Philipp / Quelle: privat

Dr. iur. Wolfgang Philipp / Quelle: privat

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Die Meldung war nur kurz, ihre Bedeutung allerdings umso größer. Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte an, künftig Anleihen des permanenten europäischen Rettungsschirms ESM als Sicherheiten bei ihren Refinanzierungsgeschäften mit den Geschäftsbanken akzeptieren zu wollen. Dazu beschloss der EZB-Rat bereits am 13. Januar, die vom „ESM ausgegebenen Schuldtitel fallen somit unter die Liquiditätskategorie II der für Kreditgeschäfte des Eurosystems zugelassenen Sicherheiten“.
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Nunmehr können also Banken, die vom ESM (Europäischen Stabilitätsmechanismus) ausgegebene Anleihen gekauft haben, diese bei der EZB einreichen und bekommen dafür Geld von der Zentralbank.
Was dort geschieht, ist aus folgenden Gründen äußerst fragwürdig:
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1.  Der ESM ist überhaupt nicht kreditwürdig, denn er ist immun sowohl gegen Klagen als auch gegen jede Zwangsvollstreckung in sein Vermögen. Einem solchen Unternehmen kann niemand Kredit geben.

2.  Es ist nicht richtig, dass die 17 Mitgliedsstaaten des ESM den Gläubigern die Rückzahlung von Krediten des ESM garantieren. Das war nur im Falle der EFSF so.3.  Zwar haben die 17 Mitgliedsstaaten des ESM insgesamt rund 700 Milliarden Euro Stammkapital gezeichnet, die daraus resultierende Einzahlungsverpflichtung besteht aber nur gegenüber dem ESM, nicht gegenüber den Gläubigern. Die Gläubiger können den ESM nicht zwingen, Geld bei den Mitgliedsstaaten abzurufen. Da die Gouverneure des ESM gleichzeitig die Finanzminister sind, kann man sich vorstellen, wie diese „Abrufe“ ablaufen werden.

4.  Der ESM hat im vergangenen Jahr mit Frist 31.12.2012 bei den Mitgliedsstaaten eine erste Einzahlung abgerufen, für Deutschland waren das 8,6 Milliarden Euro. Am 11.01.2013 habe ich bei einer Heidelberger Veranstaltung Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gefragt, ob alle Staaten denn auch einbezahlt hätten. Daraufhin antwortete er: „Ich weiß es nicht.“ Bis heute gibt es hierüber keine Information.

5.  Der ESM hat keine Chance ‑ ebenso wie schon die EFSF vor ihm ‑ am Kapitalmarkt längerfristige Anleihen zu vernünftigen Zinsen zu bekommen, er refinanziert sich deshalb im Wesentlichen kurzfristig.

6.  Der ESM hat 40 Milliarden Euro zur Rettung spanischer Banken nicht in Euro (die er gar nicht hatte) überwiesen, sondern in von ihm selbst gedruckten Schatzwechseln und Anleihen, die er dem spanischen Staat zunächst zu diesem Zweck ohne Gegenleistung überlassen hat. Eine solche Gegenleistung ist auch nicht vorhanden, weil die von den überschuldeten Banken dafür heraus­gegebenen Aktien kaum etwas wert sind.

7.  Das Rating des ESM ist angeschlagen.

8.  Daraus mag ein jeder seine Schlüsse ziehen.

*Der frühere Syndikus der Dresdner Bank AG, Wolfgang Philipp, ist Anwalt für Wirtschaftsrecht, insbesondere Gesellschaftsrecht und Bankrecht.
Hier geht’s zum Web-Auftritt seiner Kanzlei.

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Crosspost: GEOLITICO

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 7/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
Seite 7/7

jeder ESM-Mitgliedsstaat unverzüglich alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um diesen Artikel in seinem eigenen Recht in Kraft zu setzen. Das würde bedeuten, dass beispielsweise der deutsche Bundesfinanzminister auch wegen schwerster Pflichtver­letzungen, die mit seiner Mitgliedschaft im Gouverneursrat zusammenhängen und deutsche Interessen verletzen können, nicht zur Verantwortung gezogen werden könnte. So etwas kann nach deutschem Recht gar nicht ‑ entgegen Art. 35 Abs. 4 ‑ durchgesetzt werden, da es gegen das Rechtsstaatsprinzip verstieße, zivil‑ und strafrechtliche Normen nicht mehr allgemein gelten zu lassen sondern bestimmte Personen davon auszunehmen. Auch an dieser Stelle ist die Auflösung des Rechts­staats in vollem Gange.

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsanwalt

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Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 6/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
Seite 6/7

Interessen­konflikt auch die Haushaltshoheit des Deutschen Bundestages massiv beein­trächtigt.

IV.

Weitere Ungereimtheiten

1.  Ein ähnliches Problem taucht auf, wenn ESM-Mitglieder „Stabilitätshilfen“ bei dem ESM verlangen. Der ESM-Vertrag enthält keine Regeln darüber, ob und inwieweit sie auch in diesem Falle stimmberechtigt sind. Das führt zu der absurden Situation, dass die Antragsteller selbst darüber entscheiden können, ob ihr Antrag auch genehmigt wird. Auf diese Weise entscheiden sie über die Haushaltskassen der „Geberländer“ mit, es sei denn, ihr Stimmrecht ist bereits gemäß Art. 4 Abs. 8 ausgesetzt. Auch dadurch wird das Haushaltsrecht und das zur Klage berechtigende Grundrecht der Bf verletzt.

2.  Mit dem Grundsatz, Interessenkollisionen zu vermeiden, unvereinbar ist auch die Regel in Art. 5 Abs. 9. Danach nimmt der Gouverneursrat seine Geschäftsordnung und die Satzung des ESM an: Es ist absolut ungewöhnlich, dass sogar die Satzung einer juristischen Person nicht von deren Mitgliedern, sondern von einem von diesen ernannten Organ festgesetzt wird. Auch an dieser Stelle können heftige Interessen­kollisionen auftreten, bei denen dann die Mitglieder des Gouverneursrates in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der heimischen Kabinette in höchst zwielichtige Interessen­konflikte geraten können.

3.  Nach Art. 27 billigt der Gouverneursrat den Jahresabschluss des ESM. Nach Art. 29 wird der Abschluss von unabhängigen externen Abschlussprüfern geprüft, die mit Zustimmung des Gouverneursrats bestellt werden. Während nach deutschem Aktien­recht die Abschlussprüfer nicht etwa von Vorstand und Aufsichtsrat sondern von der Hauptversammlung bestellt werden, bestellt nach dem ESM-Vertrag der Gouverneurs­rat seine eigenen Prüfer, auch dies ist ein unerträglicher Interessenkonflikt.

4.       Offenbar in Erkenntnis dieser unauflöslichen Konflikte sieht der ESM-Vertrag in Art. 35 eine geradezu unglaubliche Regelung vor mit der Überschrift „Persönliche Immunitäten“. Danach genießen „im Interesse des ESM“ die Mitglieder des Gouver­neursrats, die Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen. Nach Art. 35 Abs. 4 trifft

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Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 5/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
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Interessen verpflichtet ist, die den deutschen Interessen zuwiderlaufen oder zuwiderlaufen könnten.

c)  Nach neuesten aber noch nicht vertraglich festgelegten Bestrebungen soll der ESM eine Banklizenz erhalten und auf diese Weise unbegrenzte Mittel dadurch zur Verfügung haben, dass er sich bei der Europäischen Zentralbank refinanziert. Unabhängig von der rechtlichen und wirtschaftlichen Betrachtung dieser Be­strebung muss man sich auch hier vor Augen halten was es bedeutet, wenn sämtliche Finanzminister der Mitgliedsstaaten der Euro-Gruppe den Gouverneurs­rat bilden und auf diese Weise als Politiker unbeschränkten Zugriff auf das Geld haben.

d)  Möglicherweise verstößt die mit den Pflichten eines Bundesministers unvereinbare Ämterkumulation auch gegen Art. 66 des Grundgesetzes. Danach dürfen Bundes­minister u.a. kein anderes Besoldungsamt und keinen Beruf ausüben und auch nicht ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören. Es ist nicht bekannt, ob die Gouverneure für ihre Tätigkeit eine Bezahlung erhalten. Außerdem vertritt ‑ wie schon in der Verfassungsbeschwerde näher ausgeführt worden ist ‑ die Bundesregierung selbst im Zusammenhang mit der Frage, ob die von Deutschland übernommene Einzah­lungsverpflichtung von rund 190 Mrd. € als Schuld im Haushalt auszuweisen ist, die Auffassung, der Beitritt zu dem ESM stehe dem Erwerb einer Beteiligung (z.B. an einem auf Erwerb gerichteten Unternehmen) gleich. Bei dieser Betrach­tungsweise wäre die Inkompatibilität eindeutig. Auf jeden Fall versucht das Grund­gesetz, solche Interessenkollisionen möglichst zu vermeiden, was bei der verfas­sungsrechtlichen Beurteilung von Bedeutung sein dürfte.

e)  Schon in der Bibel steht, dass niemand zwei Herren dienen kann. Nach der Grund­regel des § 181 BGB kann ein Vertreter im Namen des Vertretenen einerseits mit sich selbst im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen. Das gilt nur dann nicht, wenn ihm dies eigens gestattet ist oder nur eine Verbindlichkeit erfüllt werden muss. Es kann aber nicht sein, dass der Deutsche Bundestag den Bundesfinanzminister insbesondere auch in Haushalts­fragen das Selbstkontrahieren erlaubt und dadurch das Haushaltsrecht des Bundestages leer laufen lässt.

         Das Bundesverfassungsgericht wird hiermit gebeten, auch diesen Gesichtspunkt aufzugreifen und festzustellen, dass die Installation eines derartigen Interessen­konflikts des Bundesfinanzministers als Mitglied des Kabinetts sach‑ und rechts­staatswidrig ist. Die Bf können dies auch rügen, weil dieser installierte Interessen-

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Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 4/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
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grund­sätzlich, vor allem aber in jedem Einzelfall, ein tiefgreifender Interessenkonflikt be­steht oder bestehen kann. Das wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass in der Einleitung des ESM-Vertrages davon die Rede ist, es gehe nur um die Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes“. Selbst wenn dies ein gemeinsames Interesse sein sollte, sind doch ganz konkret im Einzelfall schwerwiegende Interes­senkonflikte zwischen dem ESM einerseits und dem jeweils betroffenen Mitgliedsstaat andererseits zu erwarten.

Bei einer derartigen Ausgangslage fehlt jedes Verständnis dafür, dass Art. 5 Abs. 1 des ESM-Vertrages vorsieht, die Mitglieder des Gouverneursrates müssten jeweils Regierungsmitglieder der Mitgliedsstaaten sein, und zwar mit Zuständigkeit für die Finanzen.

a)  Gegenwärtig würde für Deutschland Bundesfinanzminister Schäuble auch deut­scher Vertreter im Gouverneursrat. Es liegt offen zu Tage, dass er dadurch in unlösbare Interessenkonflikte geriete. Als Gouverneur ist er uneingeschränkt dem Interesse des ESM als juristische Person verpflichtet, da er dessen Organ ist. Als Mitglied der Bundesregierung hat er aber u.a. geschworen, „seine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen“. Der Gouverneursrat muss laufend Entscheidungen treffen, denen die Mitgliedsstaaten bei Meidung schwerwiegender Sanktionen (Stimmrechtsverlust) nachkommen müssen.

b)   Wenn nun aber der Bundesfinanzminister Mitglied des Gouverneursrates wird, ist er gleichzeitig als Bundesfinanzminister und Mitglied des Kabinetts auch Adressat der von ihm selbst ausgesprochenen Forderungen und Auflagen. So kann es gut sein, dass Deutschland bzw. die jeweilige Bundesregierung weder willens noch in der Lage sind, bestimmten Anforderungen auf Einzahlung von abrufbaren Mitgliedsbeiträgen überhaupt oder fristgerecht nachzukommen, schon weil sie im Haushalt nicht verankert sind. Auch kann es sein, dass die Bundesregierung bestimmte Vorhaben des ESM, Zahlungen an Euro-Staaten oder deren Banken zu leisten, nicht billigt. Einen derartig massiven Interessenkonflikt ausgerechnet durch die Bestellung von Regierungsmitgliedern der Mitgliedsstaaten zu Gouver­neuren des auf ganz andere Interessen ausgerichteten ESM-Fonds heraufzu­beschwören, verstößt gegen hergebrachte europäische Rechtsregeln und gegen das Rechtsstaats­prinzip. Es verstößt auch gegen das Prinzip des Budgetrechts des Deutschen Bundestages: Der Bundesfinanzminister ist Ansprechpartner des Bundestages in allen Fragen des Budgetrechts. Der Deutsche Bundestag kann keine sachgerechte Haushaltspolitik mehr betreiben, wenn er davon ausgehen muss, dass der für ihn zuständige Finanzminister von vornherein auf fremde

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Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 3/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
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ESM eingefordert werden. Diese sind aber schon die erste Umschuldung, weil der Kredit des ESM an Deutschland durch einen Bankkredit abgelöst wird (Gläubiger­wechsel).

Ganz abgesehen davon, dass diese Verhaltensweise zu beanstanden ist, müsste die Bundesregierung schon im Eigeninteresse und im Interesse der Vertragserfüllung gegenteilig handeln: Wenn die 190 Mrd. € nicht von Anfang an als Verpflichtung des Bundes im Haushalt stehen sondern abgewartet wird, bis und inwieweit Zahlungen angefordert werden, wird sie große Schwierigkeiten haben, den Anforderungen des ESM nachzukommen: Einen Nachtragshaushalt dann zu verabschieden bzw. durch­zuziehen kann lange dauern, jedenfalls länger als die Deutschland von dem ESM voraussichtlich gesetzten Fristen. Dann droht automatisch für Deutschland der Stimmrechtsverlust mit verheerenden Folgen. Wird hingegen der Betrag von 190 Mrd. € noch 2012 in den Haushalt insgesamt aufgenommen, dann braucht im Falle der Anforderung nur eine Kreditaufnahme am Kapitalmarkt zu erfolgen, um die Forderung des ESM durch „Umschuldung“ abzulösen. Nur das ist zeitlich allenfalls machbar.

III.

Verfassungswidrige Interessenkonflikte

1.  Ein weiterer bisher noch wenig oder gar nicht diskutierter Problempunkt liegt darin, dass die Gouverneure des ESM gleichzeitig Mitglieder der heimischen Kabinette als Finanzminister sein sollen.

2.  Der ESM ist eine „internationale Finanzinstitution“ mit eigener Rechtsfähigkeit. Sie wird von einem Gouverneursrat geleitet, der über einem von ihm zu bestellenden Direktorium und einem Geschäftsführenden Direktor das oberste Organ dieser juristischen Person sein soll. Dem Gouverneursrat und außerdem dem ernannten Direktorium sowie dem Geschäftsführenden Direktor obliegen eine Fülle von Auf­gaben, die im Ergebnis stets zu Lasten der einzelnen Mitgliedsstaaten „gelöst“ werden sollen. Insbesondere hat der Gouverneursrat nach Art. 9 Abs. 1 des ESM-Vertrages von den Mitgliedsstaaten das von diesen gezeichnete Kapital in Höhe von insgesamt 700 Mrd. € einzuziehen, eventuell auch noch mehr. Er beschließt auch darüber, nach Kreditaufnahme am Kapitalmarkt bis zur Höhe von 500 Mrd. € in Schwierigkeiten geratenen Euro-Staaten Stabilitätshilfe zu gewähren und Banken durch Rekapitali­sierung zu unterstützen.

Schon an dieser Stelle muss gesehen werden, dass grundsätzlich zwischen dem ESM einerseits und den Mitgliedsstaaten, obwohl diese die Gründer sind, jeweils grund­-

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Ergänzungen und Erweiterungen der Verfassungsbeschwerde zur 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 2/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
Seite 2/7

II.

Weitere Argumente dafür, dass mit dem Inkrafttreten des ESM-Vertrages für Deutschland in Höhe der übernommenen Einlagever­pflichtung (rund 190 Mrd. €) eine echte Schuld im Sinne des Art. 115 Abs. 2 GG entsteht

Dieses Thema ist in der Verfassungsbeschwerde bereits eingehend auf Seiten 19-25 sowie 31-33 erörtert worden. Es gibt jedoch weitere Überlegungen, die noch anzufügen sind und aus denen sich zusätzlich ergibt, dass hier mit dem Inkrafttreten in voller Höhe eine echte Schuld entsteht und es sich nicht etwa nur im Sinne des Art. 115 Abs. 1 GG um eine „Ermächtigung“ des Bundesministers der Finanzen, eine „Gewährleistung zur Zeichnung des abrufbaren Kapitals“ u.ä. oder gar um eine Bürgschaft handelt:

1.  Die Unterscheidung zwischen „eingezahlten Anteilen“ und „abrufbaren Anteilen“ (Art. 8 des ESM-Vertrages) ist fließend: In Art. 9 wird der offensichtlich beide Gruppen umfassende weitere Begriff „nicht eingezahltes Kapital“ verwendet. Für beide Gruppen kann es zu Kapitalabrufen kommen. Beide können jederzeit vom Gouvernement oder den Direktoren bzw. dem geschäftsführenden Direktor abgerufen werden. Es handelt sich damit letztlich wie bei einem Kontokorrentkredit um täglich fällig werdendes Geld, wobei die Fälligkeit durch „Abruf“ festgesetzt wird. Eine feste Stundung mit späterem Zahlungsziel gibt es nicht. Selbst eine solche stünde aber dem Charakter einer „Schuld“ nicht entgegen sondern setzte sie voraus.

2.  Der Charakter einer uneingeschränkten Schuld der Zeichnerstaaten (dem eine ebenso uneingeschränkte Forderung des ESM gegen sie entspricht) wird durch die in Art. 4 Abs. 1 enthaltene Vertragsstrafe in Form eines automatisch bei Verzug eintretenden Verlustes des Stimmrechts eindrucksvoll unterstützt.

3.  In die gleiche Richtung weist auch Art. 25 Abs. 2, wonach bei Säumnis von Mit­gliedern bei der Einzahlung ihr Kapitalanteil auf die übrigen Mitglieder zum Ausgleich umgelegt und von diesen eingezogen wird. Auch hierzu ist keinerlei Willenserklärung der Mitglieder mehr erforderlich, alles wird vom ESM selbst über seine Organe ent­schieden.

4.       Die Bundesregierung hat die von Deutschland übernommene Einlageverpflichtung in Höhe von rund 190 Mrd. € bis auf eine in 2012 vorgesehene Bareinzahlung darauf in Höhe von 8,7 Mrd. € nicht in den Bundeshaushalt übernommen. Sie will immer nur dann Haushaltsnachträge beschließen lassen, wenn konkrete Einzahlungen von dem

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Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012 – Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 1/7

Ergänzungen und Erweiterungen zur Verfassungsbeschwerde vom 06.07.2012
Beschwerdeführer: Dr. iur. Wolfgang Philipp
Seite 1/7

RAe Philipp & Koll., Kolpingstr. 18, 68165 Mannheim
 BundesverfassungsgerichtZweiter SenatPostfach 17 7176006 Karlsruhe
 
Mannheim, 01.08.2012 Unser Zeichen: Ph/ar

 

 

– Aktenzeichen: 2 BvR 1504/12 –

In der Verfassungsbeschwerdesache

Wolfgang Hertel und Dr. Wolfgang Philipp betreffend Einrich­tung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)

tragen wir im Anschluss an die Verfassungsbeschwerdeschrift vom 06.07.2012 ergänzend weiter wie folgt vor:

I.

Berichtigung

Auf Seite 22 (C II 6 b bb) sind bei dem Vergleich mit aktienrechtlichen Vorschriften versehentlich überholte Paragraphennummern des Aktien­gesetzes zitiert worden. Statt § 57 AktG muss es heißen: § 63 AktG und statt § 58 AktG: § 64 AktG.

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