Archiv der Kategorie: BVerfG

BVerfG kippt 3%-Hürde

EU-Wahlrecht: Expertengespräch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 26.02.2014
Vor dem Urteilsspruch ist ZDF-Rechtsexperte Joachim Pohl im Gespräch mit Prof. Michael Brenner (Friedrich-Schiller-Universität, Jena) und Ulrike Müller (Freie Wähler) zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die 3-Prozent-Hürde bei der Europawahl.

EU-Wahlrecht: Karlsruhe kippt 3-Prozent-Hürde am 26.02.2014
Urteilsspruch des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, zum Wegfall der 3-Prozent-Hürde bei Europawahlen. Anschließend ist ZDF-Rechtsexperte Joachim Pohl im Gespräch mit Ulrike Müller (Freie Wähler), Julia Reda (Piraten) und Prof. Michael Brenner (Friedrich-Schiller-Universität, Jena)

Bundesverfassungsgericht – Pressestelle – Pressemitteilung Nr. 14/2014 vom 26. Februar 2014
Urteil vom 26. Februar 2014

2 BvE 2/13
2 BvE 5/13
2 BvE 6/13
2 BvE 7/13
2 BvE 8/13
2 BvE 9/13
2 BvE 10/13
2 BvE 12/13
2 BvR 2220/13
2 BvR 2221/13
2 BvR 2238/13

Drei-Prozent-Sperrklausel im Europawahlrecht ist unter den gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen verfassungswidrig

„Die Drei-Prozent-Sperrklausel im Europawahlrecht ist verfassungswidrig.
Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Urteil entschieden. Unter den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen ist der mit der Sperrklausel verbundene schwerwiegende Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit nicht zu rechtfertigen. Eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung kann sich ergeben, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Künftige Entwicklungen kann der Gesetzgeber dann maßgeblich berücksichtigen, wenn sie aufgrund hinreichend belastbarer tatsächlicher Anhaltspunkte schon gegenwärtig verlässlich zu prognostizieren sind. Die Entscheidung ist mit 5:3 Stimmen ergangen; der Richter Müller hat ein Sondervotum abgegeben.

Pressemitteilung BVerfG

Anmerkung:
Besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Hans-Herbert von Arnim, der seit Jahren unermüdlich für ein besseres Wahlrecht kämpft und auch diesmal die besseren Argumente besaß als die Vielzahl unserer Volksvertreter.

Ergebnis kleiner Parteien bei der Europawahl 2009:

gültige Stimmen: 26,333.444
davon gingen 2,840.893 Stimmen an Parteien, die NICHT ins Parlament einzogen, weil sie an der damaligen 5%-Hürde scheiterten
Im Einzelnen gingen nachfolgende Stimmenanteile an:
FREIE WÄHLER: 442.579 (1,7%)
Republikaner: 347.887 (1,3%)
Tierschutzpartei: 289.694 (1,1%)
Familienpartei: 252.121 (1,0%)
Piraten: 229.464 (0,9%)
Rentnerpartei: 212.501 (0,8%)
ödp: 134.893 (0,5%)
Sonstige: 931.754
(AUF, Aufbruch, BP, Bündnis für Demokratie durch Volksabstimmung, BüSo, CM, DKP, DVU, EDE, FBI. Die Frauen, Für Volksentscheide, Die Grauen, Newropeans, PBC, 50plus, PSG, RRP, Die Violetten)

Ihr Oeconomicus

Pressestimmen und Leserkommentare

Die Zeit

Frankfurter Rundschau

FAZ

SpOn

Der (erwartungsgemäße) Kommentar von Heribert Prantl:
„Das Europaparlament – ein Rummelplatz?“
Süddeutsche

politische Reaktionen

Europawahl: Reaktionen auf Wegfall der 3-Prozent-Hürde am 26.02.2014
Reaktionen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den Wegfall der 3-Prozent-Hürde von Thomas de Maizière (CDU, Bundesinnenminister), Heiko Maas (SPD, Bundesjustizminister), Thomas Oppermann (SPD, Bundestags-Fraktionsvorsitzender) und Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen, Bundesvorsitzender)

Angst vor Parteien, „die Europa zerstören wollen“
Der Präsident des Europa-Parlaments, Martin Schulz, sieht den Wegfall der Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl skeptisch.

„Je mehr Zersplitterung das Parlament erfährt, desto schwieriger wird die Gesetzgebung“,

so Schulz im ZDF. Auch befürchtet er, dass europafeindliche Parteien stärker vertreten sein werden.

Einschätzungen von Frank Bräutigam – ARD-Mittagsmagazin

Urteilsverkündung in Sachen „Drei-Prozent-Sperrklausel im Europawahlrecht“

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts wird auf der Grundlage
der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2013 (siehe
Pressemitteilungen Nr. 68/2013 vom 22. November 2013 und 72/2013 vom 29.
November 2013) am

        Mittwoch, 26. Februar 2014, 10.00 Uhr,
        im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
        Amtssitz „Waldstadt“,
        Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe

        sein Urteil verkünden.

Pressemitteilung Nr. 8/2014 vom 6. Februar 2014

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Die Vorgeschichte

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EU-Wahl: Karlsruhe signalisiert Vorbehalte gegen Drei-Prozent-Klausel
Das Bundesverfassungsgericht hat Vorbehalte gegen die 3-Prozent-Klausel zur Europawahl. Diese stelle einen Eingriff in die Chancengleichheit der politischen Parteien, so Gerichtspräsident Voßkuhle. Bis zur Wahl am 25. Mai könnte die Sperrklausel kippen. Es wäre eine unangenehme Erschwernis für die herrschenden Parteien.
DWN

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ÖDP und Freie Wähler klagen gegen 3-%-Klausel bei der Europawahl
Die Freien Wähler (FW) und die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) haben soeben Klage gegen die 3%-Klausel bei Europawahlen beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und um eine rasche Entscheidung gebeten.
Die Vorsitzenden beider Parteien, Hubert Aiwanger (FW) und Sebastian Frankenberger (ÖDP), sowie Prof. Hans Herbert von Arnim stellen die Klage und die formalen und inhaltlichen Mängel des 3%-Gesetzes vor.
[…]
Quelle

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Bundesverfassungsgericht – 25.07.2012 Entscheidung zum neuen Wahlrecht

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BVerfG: mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren ESM/EZB vom 11. und 12. Juni 2013

Verantwortung der Staaten und Notenbanken in der Euro-Krise

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Temporärer Dienstsitz des Bundesverfassugserichts bis 2014 / Quelle: Wikipedia/Matthias Cantow

Temporärer Dienstsitz des BVerfG bis 2014 / Quelle: Wiki/Matthias Cantow
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Als einer der Sachverständigen im Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nahm Prof. Hans-Werner Sinn zu den Klagen gegen den Ankauf der Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank Stellung. Der Präsident des ifo Instituts beschrieb die Regulierungsfehler, durch die die südeuropäischen Länder ungehindert in eine immer größere private und öffentliche inflationäre Kreditblase geraten konnten, die sie ihrer Wettbewerbsfähigkeit beraubte, und dokumentierte das Ausmaß der inzwischen zur Verfügung gestellten Hilfskredite.
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Etwa zwei Drittel dieser Kredite wurden durch die EZB gewährt, nur ein Drittel floss unter der Kontrolle der Parlamente.
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In seinem Gutachten stellt Sinn die Grundlage der angekündigten Käufe von Staatspapieren im Rahmen des OMT-Programms der EZB sowie die der SMSF des Rettungsfonds ESM in Frage. Da die beiden Instrumente offenbar genau dasselbe tun, besteht der Verdacht, dass entweder die EZB ihre Kompetenzen überschreitet, indem sie Fiskalpolitik betreibt, oder der ESM, indem er Geldpolitik durchführt. Prof. Sinn setzt sich außerdem kritisch mit der ökonomischen Begründung der EZB für die Durchführung des OMT-Programms auseinander. Die EZB spricht von einer Dysfunktionalität der Märkte, die sich in der starken Ausspreizung der Zinsen niederschlage und bezeichnet es als Aufgabe des OMT-Programms, durch Marktinterventionen die Zinsspreizung zu reduzieren. Hingegen weist Prof. Sinn auf die marktwirtschaftliche Bedeutung der Zinsspreizungen hin, die die unterschiedlichen Risiken der Investitionen abbilden.
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Am Ende des Gutachtens findet sich eine Kurzzusammenfassung in Thesenform.
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Quelle: Pressemitteilung: CesIfo
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Sinn-Juni2013-EZB-Kurs
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Auszug – Gliederung

1. Regulatorische Gründe für die Krise
2. Refinanzierungskredite und Target-Salden
2.1 Die Target-Salden
2.2 Target-Salden und offene Rettungskredite
2.3 Die Absenkung der Sicherheitsstandards für die Besicherung der Refinanzierungskredite
2.4 Mittelbare Staatsfinanzierung durch Refinanzierungskredite an die Banken
3. Staatspapierkäufe der EZB und offizielle Rettungsprogramme
3.1 Von der mittelbaren zur unmittelbaren Staatsfinanzierung: Das SMP-Programm
3.2 Die Rettungsschirme der Staatengemeinschaft: EFSF, ESM & Co.
3.3 Geldpolitik oder Fiskalpolitik: ESM, SMP und OMT
4. Die Risiken und Kosten der EZB-Politik
4.1 Die mögliche Haftung aus dem OMT-Programm
4.2 Risiken aus Refinanzierungskrediten
4.3 Target-Verluste bei einem Austritt und Konkurs, doch Fortexistenz des Euro
4.4 Target-Verluste bei einem Untergang des Euro oder einem deutschen Austritt
4.5 Verlagerung der Wachstumskräfte durch kostenlosen Versicherungsschutz
4.6 Die Pfadabhängigkeit der Politik
4.7 Schleichende Enteignung der Sparer
5. Ökonomische Bewertung der EZB-Politik
6. Politikmaßnahmen gegen Zinsspreizungen: Die Begründungen der EZB
6.1 Die ökonomische Bedeutung von Zinsspreizungen
6.2 Diskussion der Argumente der EZB
7. Zusammenfassung in Thesenform

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BVerfG: ESM-Urteil erst nach den Wahlen

BVerfG: ESM-Urteil erst nach den Wahlen

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Huch, wer hätte das gedacht?
Der Jurist und Beobachter des Bundesverfassungsgerichts, Maximilian Steinbeis, berichtet auf seinem Blog von einer interessanten Entwicklung in Karlsruhe.
Steinbeis schreibt:
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„Ich komme gerade von der Jahrespressekonferenz des Bundesverfassungsgerichts. Dort stellt Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle immer die großen Bundesverfassungsgericht Verfahren vor, die in diesem Jahr entschieden werden sollen. Darunter sind zwei, die Europa betreffen.
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Da ist zum einen das Verfahren zu ESM und Fiskalpakt, das ja immer noch beim Zweiten Senat anhängig ist – bisher ist ja nur über die Anträge auf einstweilige Anordnung entschieden. Ungeklärt ist vor allem, was Karlsruhe zu der Selbstermächtigung der Europäischen Zentralbank sagt, Anleihen der Schuldnerstaaten in unbegrenzter Höhe zu kaufen. Das ist völlig unkartiertes Gelände. Niemand weiß, was da rauskommt.
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Allerdings scheint eher unwahrscheinlich, dass wir dazu noch in diesem Jahr ein Urteil sehen werden. Der Fall steht zwar auf der Liste der 2013 zu entscheidenden Verfahren, aber die heißt nicht ohne Grund in Karlsruhe “Lügenliste”. Voßkuhle deutete an, dass das Urteil noch nicht so bald kommt. Das sei eine “größere Geschichte”, man müsse “gucken, wie wir damit umgehen”, das sei “noch nicht ganz klar” – im Gegensatz etwa zum Urteil zum Ehegattensplitting, bei dem er “zuversichtlich (sei), dass wir das schaffen”.
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Wobei das Gericht auch das Thema EZB abtrennen und gesondert entscheiden könnte, oder nicht? Dann könnte vielleicht die Hauptsacheentscheidung in punkto ESM und Fiskalpakt schneller fallen.“
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Konkret bedeutet das, dass das Bundesverfassungsgericht offenbar mit einem Urteil nicht Öl ins Feuer des Bundestagswahlkampfs gießen möchte. Was das bedeutet, ist schwer zu sagen. Im zuständigen zweiten Senat sitzt unter anderem der ehemalige saarländische Ministerpräsident und CDU-Kämpe Peter Müller. Eine rein juristische Entscheidung bei dieser „größeren Geschichte“ ist unwahrscheinlich.
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Die Karlsruher Richter würden mit jedem Spruch den Bundestags-Wahlkampf beeinflussen: Geben sie den Klägern recht, dann wäre das eine fatale Blamage für Merkel. Geben sie der großen Rot-Schwarz-Grün-Blauen Koalition recht, dann könnten die Linken im Wahlkampf gewinnen, indem sie die fortschreitende Ausbeutung der internationalen Arbeiterklasse noch größer auf ihre Fahnen schreiben.
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Steinbeis merkt in seinem Blog an, dass sich der Zweite Senat bei der PK bemüht habe, „ein Maß an Gleichmut an den Tag zu legen, das an Herablassung grenzte“. Dies spricht dafür, dass man sich in Karlsruhe der Sprengkraft des Urteils für Europa bewusst ist. Die Richter wollen das Thema nicht im Wahlkampf zünden und kehren es somit dezent als Zeitbombe neben die Derivate unter den Europäischen Realitätsverweigerungsteppich.
DMN

Gauck mahnt Verfassungsgericht

Karlsruhe darf Europa nicht maßregeln
Gauck mahnt Verfassungsgericht
Bundespräsident Gauck würdigt die Entscheidung des Verfassungsgerichts zum ESM als friedensstiftend.
Das Gericht vergebe eine Art „Gütesiegel“ nach dem Prinzip: „Wenn das Bundesverfassungsgericht nichts auszusetzen hat, dann muss es in Ordnung sein.“
Die Richter dürften sich aber nicht zu Oberlehrer Europas aufschwingen.
N-TV
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Anmerkung
Welch eine unverschämte Anmaßung! … Geht’s noch, werter Herr Bundespräsident?

Ihr Oeconomicus

Verfassungsgericht zögert mit endgültigem ESM-Urteil

Verfassungsgericht zögert mit endgültigem ESM-Urteil
Aus einer dunklen Ahnung könnte bald Gewissheit werden. Denn ein endgültiges Urteil über die gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und den Fiskalpakt eingereichten Verfassungsklagen wird in diesem Jahr wohl nicht mehr gesprochen. Darauf deuten Aussagen des Gerichtspräsidenten und des Gerichts selbst hin. Damit tritt Karlsruhe vielfach geäußerten Erwartungen entgegen, wonach es noch im Oktober im Hauptverfahren entscheiden werde. Gleichzeitig wächst in Teilen der Bundesregierung offenbar die Sorge, dass ihre auf dem ESM und der Europäischen Zentralbank (EZB) basierende Rettungsstrategie ins Wanken geraten könnte.
Welt-online

BVerfG – Termin zur Urteilsverkündung in Sachen „ESM/Fiskalpakt“ am 12.09.2012 bleibt bestehen

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 65a/2012 vom 11. September 2012
2 BvR 1390/12
2 BvR 1421/12
2 BvR 1438/12
2 BvR 1439/12
2 BvR 1440/12
2 BvE 6/12

Termin zur Urteilsverkündung in Sachen „ESM/Fiskalpakt“ am 12. September 2012 bleibt bestehen


Anlässlich der Entscheidung des Rates der Europäischen Zentralbank vom
6. September 2012, mit der ein neues Programm über den Ankauf von
Staatsanleihen finanzschwacher Eurostaaten beschlossen worden ist, hat
der Antragsteller im Verfahren 2 BvR 1390/12 sein Begehren im
einstweiligen Rechtsschutz vor dem Bundesverfassungsgericht erweitert.
Sein am 7. September 2012 eingegangener Antrag ist darauf gerichtet, dem
Bundespräsidenten die Ratifikation des ESM-Vertrages zu untersagen,
solange nicht der Rat der Europäischen Zentralbank seinen Beschluss
über den Ankauf von Staatsanleihen aufgehoben und die Wiederholung eines
solchen Beschlusses verbindlich ausgeschlossen hat.

Der auf den 12. September 2012, 10.00 Uhr, anberaumte Termin zur
Verkündung einer Entscheidung bleibt aufrechterhalten.

Bundesverfassungsgericht, Pressestelle

Anmerkung
Damit diese Mitteilung nicht gleich wilde Spekulationen auslöst: Dr. Peter Gauweiler wollte mit seinem Eilantrag die Verkündung eines Urteils oder Beschlusses zu 2 BvR 1390/12 verhindern. Dieses Vorhaben ist gescheitert, da das BVerfG, wie der Pressemitteilung zu entnehmen, am morgigen Mittwoch in jedem Falle bei seinem Vorhaben bleibt. Jedoch bleiben die Inhalte von Gauweiler’s dezidiertem Vortrag zunächst davon unberührt. Das stochern im Nebel geht also noch etwas weiter.

Ihr Oeconomicus

ESM auf der Kippe: Das deutsche Dilemma

ESM auf der Kippe: Das deutsche Dilemma

Morgen Mittwoch entscheiden die Richter in Karlsruhe über den Euro-Rettungsschirm. Sie können sich nur falsch entscheiden: Gegen den Euro – oder gegen die Demokratie.
[…]
Bei ihrem Entscheid stehen die Karlsruher Richter, die in Deutschland als Wächter des Grundgesetzes gelten, auf jeden Fall in einem grossen Dilemma: Sägen sie den ESM ab, sind sie die Totengräber des Euro. Winken sie den ESM durch, schränken sie die deutsche Demokratie empfindlich ein.
20min.ch

Das Verfassungskloster in Karlsruhe

Das Verfassungskloster in Karlsruhe

„Wenn ich noch einmal das Wort Karlsruhe höre, verlasse ich den Saal“,
soll vor wenigen Wochen die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, gedroht haben. Doch dem obersten deutschen Gericht kann keiner aus dem Weg gehen. Das liegt zum einen schlicht an der Tatsache, dass die Richter des Bundesverfassungsgerichts eine in der deutschen Verfassung fest zugeschriebene Bedeutung haben. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im größten EU-Land nun mal eine Richtungsentscheidung in der Euro-Rettung ist – ob man das gut findet oder nicht.
Berühmt ist das Zitat des damaligen Chefs des Bundeskanzleramts, Horst Emke, aus dem Jahr 1973. Ihm wird der Satz zugeschrieben:
„Von den Arschlöchern in Karlsruhe“ lasse man sich nicht die Ostpolitik kaputt machen.
Vielsagend an diesem Satz von Ehmke ist aber nicht nur die Vehemenz seiner Worte, sondern auch die schon damals wahrgenommene europäische Tragweite der Gerichtsentscheidung.
[…]
Nach seinem Einfluss auf das Regierungsgeschehen in Berlin befragt, sagte Andreas Voßkuhle, sein Gericht „sei kein Ersatzbankspieler, der nach seiner Einwechslung der Stammmannschaft zeigen möchte, wie man Tore schießt, sondern Schiedsrichter des politischen Spiels“. Eine rote Karte haben von 1951 bis 2011 insgesamt 457 Bundesgesetze und -verordnungen bekommen. Daneben gibt es noch diejenigen Fälle, bei denen Gesetze nur deshalb gelten gelassen wurden, weil die Richter Interpretationen oder Formulierungen vorgeschrieben haben.
[…]
Deutsche Welle
Anmerkungen zur Karriere von Prof. Andreas Voßkuhle
Seit 1999 unterhält Voßkuhle einen Lehrstuhl an der Uni Freiburg und sitzt zusammen mit Barroso und Schäuble im Kuratorium der neuen Universitätsstiftung Freiburg. Vosskuhle wurde Rektor der Universität Freiburg und kurz darauf ins Bundesverfassungsgericht berufen. In Sachen Verfassungsrecht war Vosskuhle mit einem Kommentar zum Grundgesetz aufgefallen, indem er die Abschaffung der Verfassungsbeschwerde forderte. Gemäß seiner Grundhaltung hat Vosskuhle 2009 die Verfassungsbeschwerde von CSU und Linken gegen die neue EU-Verfassung (Vertrag von Lissabon) abgewiesen. Möglicherweise ist in diesem Zusammenhang auch die Ernennung zum Präsidenten am Bundesverfassungsgericht zu sehen.

Ihr Oeconomicus

Europa in Sorge – Was passiert bei einem Nein zum ESM?

Europa in Sorge – Was passiert bei einem Nein zum ESM?

An diesem Mittwoch schaut die Welt auf Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht gibt seine Entscheidung zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM bekannt. Für Unruhe sorgt Peter Gauweiler. Der CSU-Politiker hat beantragt, das Gericht solle den ESM stoppen, bis die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Beschluss über den Ankauf von Staatsanleihen von Krisenstaaten rückgängig gemacht habe. Gegebenenfalls solle das Gericht die ESM-Entscheidung verschieben. Welche Konsequenzen könnte das Votum nach sich ziehen? Hier drei mögliche Szenarien.
[…]
Ja zum ESM (mit Auflagen)
An den Finanzmärkten wäre die Erleichterung wohl groß.
[…]
Entscheidung wird vertagt
Eine neue Hängepartie dürfte an den Finanzmärkten für Unruhe sorgen.
[…]
Verfassungsgericht stoppt ESM
Die Meinungen, wie die Märkte auf ein Nein aus Karlsruhe reagieren würden, sind geteilt.
[…]
N24 – 10.09.2012 18:12