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Die Theorie: Stabile Banken für ein stabiles Europa – Die Praxis: Wirkungslose Kontrolle, Banken zocken weiter

Die Theorie: Stabile Banken für ein stabiles Europa

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DIE THEORIE

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat in einer beeindruckenden Ansprache beim 20. Deutschen Bankentag in Berlin die Wichtigkeit stabiler Banken in Europa veranschaulicht:

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Transcript
(Es gilt das gesprochene Wort)

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REDE – Berlin | 08.04.2014

Dr. Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank

Stabile Banken für ein stabiles Europa

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1 Begrüßung

„Sehr geehrter Herr Fitschen, sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen sehr herzlich dafür, heute Abend beim 20. Deutschen Bankentag zu Ihnen sprechen zu können.

Der Film, den wir eben gesehen haben, illustriert, dass Deutsche Bankentage, anfangs hießen sie noch Bankiertage, seit jeher ein Spiegelbild der wechselvollen Geschichte unseres Landes waren.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, heute über die Bedeutung stabiler und gesunder Banken für eine stabile Währungsunion zu sprechen.“

2 Aufarbeitung der Finanzkrise

„Können Sie sich noch an den Agatha-Christie-Film „Mord im Orient-Express“ erinnern?

Der amerikanische Geschäftsmann Mr. Ratchett wird im Zug von Istanbul nach Calais ermordet, der mitreisende Detektiv Hercule Poirot, der im Auftrag des ebenfalls mitreisenden Eisenbahndirektors die Ermittlungen übernimmt, zählt zwölf Messerstiche. Nachdem Poirot herausgefunden hat, dass es sich bei dem Mordopfer in Wirklichkeit um den Verbrecher Cassetti handelte, stellt er in Vernehmungen fest, dass eine ganze Reihe von Passagieren ein Motiv hatte, Cassetti umzubringen. Und so kommt er zu dem Schluss, dass es nicht nur einen Schuldigen für den Mord an Cassetti gibt, sondern zwölf.

Ich erzähle Ihnen das, weil der Chefökonom der BIZ, Claudio Borio, meint, die Suche nach dem Schuldigen für die Finanzkrise erinnere ihn an die Suche nach dem Schuldigen in „Mord im Orient-Express“. Denn ähnlich wie es für das gewaltsame Ableben von Cassetti nicht nur einen Schuldigen gibt, lässt sich auch die Finanzkrise alles andere als monokausal erklären.

Im Gegenteil: Die Analyse der Ursachen der globalen Finanzkrise, aber auch der europäischen Schuldenkrise, zeigt, dass es viele Schuldige, oder sagen wir Verantwortliche, gibt.

Ich glaube, dass niemand hier im Saal bestreiten wird, dass es gravierende Fehlentwicklungen im Bankensektor gab, die zur Krise beigetragen haben. Aber es wurden auch auf Seiten der Notenbanken und der Regulierungsbehörden Fehler gemacht.

Die Notenbanken haben zwar erfolgreich die Inflation bekämpft, aber Anreize zu riskantem Anlegerverhalten gesetzt. Die Regulierungsbehörden haben die daraus resultierenden Gefahren unterschätzt, ebenso wie die Finanzmärkte, an denen sich die Risikoprämien lange Zeit auf außerordentlichen Tiefständen bewegten. Die Politik hat im Vertrauen auf die Effizienz der Finanzmärkte eine Politik der Marktliberalisierung und Deregulierung verfolgt und das damit verbundene Risikopotenzial nicht gesehen, oder nicht sehen wollen.

Die meisten Ökonomen sahen die Risiken im Finanzsystem ebenso wenig, nur einige haben die politischen Entscheidungsträger gewarnt. Der bereits erwähnte Claudio Borio gehörte mit seinen Kollegen von der BIZ zu den wenigen, die auf das Rückschlagpotenzial aus den rasant wachsenden Segmenten der Kreditverbriefungen und der Kreditderivate hinwiesen.

Wenn Finanzmarktökonomen die Risiken nicht sahen, wie hätten dann Kleinanleger und Sparer sich der Risiken bewusst sein sollen, die sie mit manchen ihrer Anlagen, zum Beispiel mit Lehman-Zertifikaten, eingegangen sind? Aber auch die so genannten Retailkunden können nicht ganz aus ihrer Verantwortung entlassen werden. Zum Beispiel, wenn sie auf der Jagd nach höherer Rendite Einlagen tätigten bei ihnen nahezu unbekannten Banken und mögliche Risiken ausblendeten.

Die Finanzkrise hat gezeigt, wie fragil das Finanzsystem ist. Und es hat sich gezeigt, dass das Finanzsystem quasi die Achillesferse der Europäischen Währungsunion ist.

Eine stabile Währungsunion setzt ein stabiles Finanzsystem voraus. Banken spielen im Finanzsystem des Euro-Raums die zentrale Rolle. Die enge Verknüpfung von Banken und Staaten erschwert die dauerhafte Überwindung der Krise im Euro-Raum enorm.

Banken und Staaten haben sich in manchen Ländern in eine gegenseitige Abhängigkeit manövriert, die ein regelrechter Teufelskreis ist: Geht es den Banken schlecht, steigen die Risiken für den Staatshaushalt. Wird deshalb an der Solvenz der Staaten gezweifelt, schlägt das wiederum auf die Banken durch, weil ihnen dann nicht nur ein Notanker fehlt, sondern weil sie zudem noch hohe Bestände an Staatsanleihen in ihren Bilanzen halten und dabei eine ausgeprägte Heimatlandpräferenz haben.

Während der Krise und begünstigt durch Maßnahmen der Krisenpolitik haben viele Banken, insbesondere in den Krisenländern, ihre Bestände an hochverzinslichen Anleihen des jeweiligen Staates sogar noch aufgestockt. Dabei ist die Ratio aus Sicht der einzelnen Bank durchaus nachvollziehbar: Wenn es gut geht, streicht die Bank einen ordentlichen Renditeaufschlag ein, und sollte der Staat zahlungsunfähig werden, steht der Fortbestand der meisten Banken dieses Landes ohnehin in Frage.“

Deleveraging unvermeidbar

„Um zu langfristig tragfähigen Bilanzstrukturen zurückzukehren, ist meines Erachtens ein Deleveraging unvermeidbar. Denn für die Lösung der strukturellen Probleme im europäischen Bankensektor sind vor allem die Banken selbst verantwortlich.

Die Bilanzaktiva der Banken im Euro-Raum hatten sich zwischen 1999 und Mitte 2012 gerade auch infolge der Übertreibungen vor der Finanzkrise mehr als verdoppelt; sie sind von gut 14 Billionen Euro auf fast 35 Billionen Euro angewachsen.

Im gesamten Euro-Raum bauen die Banken mittlerweile ihre Forderungen ab, abgeschlossen ist der Prozess aber noch nicht. Der Rückgang seit Mitte 2012 ist zwar beträchtlich, mit bislang gut 4 Billionen Euro macht er aber gerade mal ein Fünftel der vorherigen Expansion aus.

Das hohe Niveau notleidender Kredite ebenso wie die ausgewiesenen Verluste der Banken sind zusätzliche Indizien dafür, dass insbesondere in den Peripherieländern des Euro-Raums noch ein erheblicher Anpassungsbedarf besteht. Blickt man ferner auf die Erfahrungen, die in den 90er Jahren in Skandinavien und in Japan mit Schuldenkrisen gemacht wurden, spricht einiges dafür, den Bilanzbereinigungsprozess nicht zu verschleppen.“

4 Bankenregulierung als Antwort auf die Krise

„Die Erfahrungen zeigen, dass Bankenkrisen und Finanzkrisen wiederkehrende Phänomene sind, gänzlich vermeiden lassen sich solche Krisen also nie. Dennoch sollte das Mögliche getan werden, um derart gravierende Krisen zu verhindern, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben. Wir brauchen vor allem eine kluge, intelligente Finanzmarktregulierung.

Beim Thema Konsequenzen aus der Finanzkrise gibt es bemerkenswerte Wahrnehmungsunterschiede zwischen den Interessenvertretern der Finanzwirtschaft und der breiten Bevölkerung: Während in der Bevölkerung der Eindruck vorherrscht, es habe sich so gut wie nichts getan, beklagen Branchenvertreter bereits ein Übermaß an Regulierung. Es war sogar schon die Rede vom „Regulierungstsunami“.

Ich denke, beides ist unzutreffend. Es hat zahlreiche und bedeutsame Verschärfungen der Regulierung gegeben, von einer Überregulierung kann jedoch keine Rede sein.

Die Regulierungsagenda ist auch noch nicht abgearbeitet. Entscheidend ist es, die Regulierungsschritte stets ursachenadäquat und effektiv auszugestalten und auch das Zusammenspiel der verschiedenen Regulierungen in den Blick zu nehmen.

Die strengeren Eigenkapitalvorschriften und die neuen Liquiditätsregeln nach Basel III, die bis 2019 schrittweise eingeführt werden, haben die Risikotragfähigkeit der Finanzinstitute bereits deutlich verbessert. Die umgesetzten Regulierungsmaßnahmen haben das Finanzsystem tendenziell sicherer und robuster gemacht. Ob es damit hinreichend sicher und robust ist, ist eine andere Frage.

Nach der aktuellen Basel III-Auswirkungsstudie des Baseler Ausschusses hatten die 102 untersuchten großen internationalen Banken zur Jahresmitte 2013 im Durchschnitt eine harte Kernkapitalquote von 9,5 % und die 125 anderen Banken eine Quote von 9,1 %. Die Zielquote für 2019 von 7 % wird damit bereits jetzt im Durchschnitt mehr als erfüllt.

Das heißt natürlich nicht, dass alle Banken den Zielwert von 7 % plus möglicher Zuschläge für globale systemrelevante Banken bereits erreicht haben. Der kumulierte Fehlbetrag der großen, internationalen Banken hat sich im ersten Halbjahr 2013 aber halbiert.

Die acht großen, international aktiven deutschen Banken, die von der Bundesbank untersucht wurden, hatten zum Stichtag 30. Juni eine durchschnittliche Quote von 8,3 %, die 40 kleineren Institute bereits 12,8 %. Der Kapitalbedarf der großen Banken hat sich ebenfalls beinahe halbiert, von 9 Mrd Euro auf 5 Mrd Euro.

In der Zielquote von 7 % ist ein neuer Kapitalerhaltungspuffer von 2,5 Prozentpunkten enthalten. Mit diesem Puffer wird die Fähigkeit geschaffen, Verluste effektiv abzufedern. Er löst damit ein Stück weit das Problem, das der britische Ökonom Charles Goodhart als „regulatorisches Paradoxon“ bezeichnet hat:

Stellen Sie sich vor, Sie kommen nachts an einem fremden Bahnhof an, es steht genau ein Taxi vor dem Bahnhof und das möchten Sie nehmen, um damit zum Hotel zu kommen. Der Taxifahrer sagt Ihnen: Ich kann Sie leider nicht befördern, denn die Stadtverwaltung verlangt, dass immer mindestens ein Taxi vor dem Bahnhof steht.

Mit den hergebrachten Mindestanforderungen ist quasi gewährleistet, dass genau ein Taxi bereit steht. Es kann aber für die Abpufferung von Verlusten nicht genutzt werden, weil ein Unterschreiten mit harten aufsichtlichen Sanktionen verbunden wäre.

Mit den neuen Regeln ist dafür gesorgt, dass wenigstens zwei Taxis bereitstehen. Nun wenden die Taxifahrer ein, je mehr Taxis dastünden und auf Fahrgäste warteten, desto länger wäre die Stehzeit, und Stehzeit sei schließlich teuer.

Bankenvertreter verwenden ein ganz ähnliches Argument, wenn sie sagen, Eigenkapital sei teuer, und daraus den Schluss ziehen, die Forderungen der Bank mit möglichst wenig Eigenkapital zu finanzieren. Das Argument müsste jedoch eigentlich lauten, Fremdkapital ist aufgrund der bestehenden steuerlichen Begünstigung billiger, was eine Finanzierung über Eigenkapital verhältnismäßig unattraktiv macht.

Es macht im Übrigen einen erheblichen Unterschied, ob man im schlimmsten Fall auf ein Taxi warten muss oder ob wir über Stabilitätsrisiken im Finanzsystem reden. Ich denke daher, dass ein Eigenkapitalaufbau über das bisher regulatorisch geforderte Maß richtig ist, um das Finanzsystem robuster zu machen.

Ein Problem, das auch deutsche Banken nicht erst seit der Finanzkrise haben, ist die Ertragsschwäche; das aktuelle Niedrigzinsumfeld stellt dabei nur eine weitere Belastung dar. Die schwache Ertragslage begrenzt grundsätzlich die Thesaurierungsmöglichkeiten der Banken und damit die Fähigkeit, Eigenkapital aufzubauen. Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage im Bankensektor ermöglichen damit indirekt auch Maßnahmen zur Verbesserung der Risikoabsorption.

Kritiker der Basler Eigenkapitalregeln, wie etwa Martin Hellwig, monieren, dass der risikoorientierte Ansatz des Baseler Regelwerks vorrangig dem Kleinrechnen von Kapitalbedarfen diene. Tatsächlich lag die Leverage Ratio, also die ungewichtete Kapitalquote, der acht großen, international aktiven deutschen Banken, die am Basel III-Monitoring teilgenommen haben, zur Jahresmitte 2013 bei gerade einmal 2,2 %, auf einen Euro Eigenkapital kamen mithin 45 Euro Schulden. Die Leverage Ratio der kleineren Institute lag bei immerhin 4,3 %.

Die geplante Einführung einer Verschuldungsobergrenze – die Zielquote nach Basel III liegt bei 3,0 % – ist zweifellos eine sinnvolle Ergänzung der risikogewichteten Eigenkapitalregeln. Der risikoorientierte Ansatz muss aber weiterhin wesentliches Element der Eigenkapitalregeln bleiben. Eine Verschuldungsobergrenze als alleinige Regel böte den Banken Fehlanreize, höhere Risiken einzugehen.

Ich stimme deshalb meinem Kollegen Mark Carney von der Bank of England zu, der in diesem Zusammenhang sagt, manchmal sei es gut, Gürtel und Hosenträger anzuhaben, damit die Hose nicht rutscht.“

5 Scheitern ermöglichen

„Meine Damen und Herren, der Publizist und Bankenprofessor Wolfram Engels hat einmal geschrieben: „Die Pleite gehört zur Marktwirtschaft“. Im Bankensektor wurde diese an sich selbstverständliche Einsicht bislang allerdings nur unzureichend umgesetzt.

Insbesondere große und stark vernetzte Banken konnten bisher darauf setzen, dass ihr Fortbestand systemrelevant ist und deswegen garantiert ist. „Too big to fail“ ist aber mit den Prinzipien einer Marktwirtschaft nicht vereinbar, ebenso wenig wie „too interconnected to fail„.

Banken müssen  im Fall der Fälle scheitern können. Denn nur die Möglichkeit des Scheiterns gewährleistet die Durchsetzung des Haftungsprinzips. Und nur das Haftungsprinzip sorgt dafür, dass die Wirtschaftsakteure verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen.

Das soll jetzt kein Plädoyer für „small is beautiful“ sein. Internationale Großbanken haben bei unserer Wirtschaftsstruktur durchaus ihre Berechtigung. Das durchaus sinnvolle Einziehen von Dämmen zwischen riskanten, spekulativen Geschäften und dem normalen Kundengeschäft, wie es von der Liikanen-Gruppe vorgeschlagen und von der EU-Kommission aufgegriffen wurde, stellt diese Daseinsberechtigung auch nicht in Frage.

Anreize, immer größer zu werden, sollten aber abgebaut werden. Die Systemrisikopuffer und die höheren Kapitalanforderungen für  systemrelevante Institute sind Instrumente, die diesem Anreiz entgegenwirken. Ihre Einführung ist daher zu begrüßen.

An den Taxistand der großen Bahnhöfe gehören also wenigstens drei Taxis und nicht nur zwei, um das Bild noch einmal aufzugreifen.

Die Kapitalpuffer stellen jedoch nur eine erste Verteidigungslinie dar, damit Banken negative Entwicklungen besser auffangen können. Dies ist gerade für Banken wichtig, deren Abwicklung besonders schwierig wäre. Weitere Maßnahmen sind nötig, damit große und stark vernetzte Banken im Extremfall auch scheitern können.“

6 Bankenunion
6.1 Gemeinsamer Abwicklungsmechanismus

„Ein wesentlicher Baustein eines stabileren Bankensystems besteht darin, die regulatorischen Voraussetzungen für eine geordnete  Abwicklung von gescheiterten Banken zu schaffen. Hierfür müssen Verfahren etabliert werden, mit denen sich das Haftungsprinzip effektiv umsetzen lässt.

Mit der Verabschiedung harmonisierter Abwicklungsregeln für Banken (BRRD-Richtlinie) und dem Beschluss über einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus (SRM) wurden in der EU zuletzt wichtige Fortschritte erzielt. Die neuen Regeln sollen im Grundsatz sicherstellen, dass zukünftig in Schieflage geratene Banken abgewickelt werden können und dafür deren Eigentümer und Gläubiger in Haftung genommen werden.

Der SRM sieht ausdrücklich vor, dass ein von Banken gespeister Abwicklungsfonds erst in zweiter Linie einspringen soll. Öffentliche Mittel sollen nur in letzter Instanz eingesetzt werden. Damit ermöglicht der ausgehandelte Abwicklungsmechanismus trotz vereinzelter Ausnahmen im Detail, die Ergebnis der Kompromissfindung sind, die Durchsetzung eines fundamentalen marktwirtschaftlichen Grundsatzes.

Die Bundesbank begrüßt die Einigung als eine wichtige Ergänzung der gemeinsamen europäischen Aufsicht. Wir halten eine Primärrechtsänderung aber weiterhin für erforderlich, zumal die Entscheidungsprozesse nach wie vor komplex erscheinen. Ziel sollte die Schaffung einer europäischen Abwicklungsbehörde mit klaren Entscheidungsstrukturen sein.

Noch nicht abschließend geklärt, für Sie aber von besonderem Interesse ist die Frage, welche Banken wie viel zum gemeinsamen Abwicklungsfonds beizutragen haben. Angemessen wäre es, die Beiträge nach Institutsgröße und institutsspezifischem Risiko zu differenzieren.

Die Beiträge für die Zielausstattung des Fonds in Höhe von 55 Mrd. Euro sollen über einen Zeitraum von acht Jahren, beginnend ab 2016, von den Banken eingezahlt werden, was aus meiner Sicht ein angemessener Zeitrahmen ist, um die Mittel zu mobilisieren. Ich fände es außerdem richtig, wenn die in der SRM-Verordnung eingeräumte Möglichkeit genutzt wird, die bereits eingezahlten Beiträge der Banken in die nationalen Abwicklungsfonds dabei zu berücksichtigen.

Eine europäische Einlagensicherung wird derzeit zu Recht nicht als prioritär angesehen. Gemeinsame Einlagensicherung bedeutet nämlich zwangsläufig gemeinsame Haftung. Gemeinsame europäische Haftung verlangt aber nach einer gemeinsamen europäischen Kontrolle, die über die Schaffung einer gemeinsamen Bankenaufsicht hinausgehen würde.“

6.2 Gemeinsamer Aufsichtsmechanismus

„Am 4. November möchte die EZB bereit sein, um mit der gemeinsamen Bankenaufsicht (SSM) zu beginnen. Dazu ist ein hoher Einsatz von allen Beteiligten erforderlich. Es handelt sich um ein Projekt, das mit der Schaffung der Währungsunion vergleichbar ist, aber in siebenfacher Geschwindigkeit umgesetzt werden soll.

Derzeit führt die EZB in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsehern eine umfassende Bilanzprüfung bei 128 Banken durch, die aus heutiger Sicht Kandidaten für eine direkte Aufsicht durch die EZB sind.

Wenn bei der Bilanzüberprüfung und beim Stresstest Rekapitalisierungsbedarf festgestellt wird, ist dieser unter nationaler Aufsicht entstanden; es handelt sich gewissermaßen um Altlasten. Deswegen liegt es in der Verantwortung der jeweiligen Mitgliedstaaten, diese Altlasten zu bereinigen, bevor die Verantwortung auf die EZB übergeht. Vorrangig sollten private Mittel aufgebracht werden, um Kapitallücken zu schließen. Falls das aber nicht möglich ist, sollte das Mitgliedsland für die Rekapitalisierung sorgen, sofern die Bank über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügt.

Dieser Bilanzcheck ist für die Aufsicht und die betroffenen Banken ein erheblicher Kraftakt. Aber er ist eine Grundvoraussetzung, um einen glaubwürdigen Start der gemeinsamen Bankenaufsicht hinzubekommen, um Vertrauen in die Banken wiederherzustellen und die Kreditvergabe im Euro-Raum wieder in Gang zu bringen. Deswegen müssen die sogenannte Asset Quality Review und der anschließende Stresstest auch streng und anspruchsvoll sein.

Für die Banken bedeutet die Überprüfung einen hohen administrativen Aufwand. Insofern sind entsprechende Klagen nachvollziehbar. Wenn man sich ein umfassendes Bild machen will, ist eine intensive Analyse aber nicht zu vermeiden. Mitunter ist ja auch vom „Herz- und Nierencheck“ der Banken die Rede.

Bevor ein Fußballclub einen neuen Spieler unter Vertrag nimmt, wird er ihn auch erst einmal gründlich untersuchen, und das wird keine Diagnose per Augenschein sein.

Natürlich gibt es Ärzte, die auch überflüssige Untersuchungen durchführen. Aber ein guter Arzt achtet auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Auch beim Bilanzcheck ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren, wobei zu bedenken ist, dass eine derart umfassende Überprüfung noch nie durchgeführt wurde.“

7 Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen beenden

„Die Bankenunion schließt eine offene Flanke im Rahmen der Währungsunion, indem sie das Finanzsystem ein Stück weit stärkt. Sie trägt auch dazu bei, die unheilvolle Verknüpfung von Staaten und Banken etwas zu lösen.

Um diesen Nexus aber wirksam und dauerhaft zu durchbrechen, sind meiner Meinung nach weitergehende Schritte erforderlich. Insbesondere ist die regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen und anderen Forderungen an die öffentliche Hand zu beenden.

Wenn Staatsanleihen risikoadäquat mit Eigenkapital unterlegt werden müssten und Obergrenzen für entsprechende Ausleihungen festgelegt wären, so wie es bei Krediten an private Schuldner üblich ist, wäre der Anreiz für Banken, ihren Hebel zu vergrößern, indem sie in Staatsanleihen investieren, deutlich geringer. Es wäre damit auch ein zentraler Beitrag, um unser Bankensystem stabiler zu machen, weil damit ein Anreiz zu übermäßiger Fremdfinanzierung genommen wäre.

Dass mit Martin Blessing kürzlich ein führender Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft einen ähnlichen Vorschlag gemacht hat, ist ein erfreuliches und ermutigendes Zeichen, weil erkennbar wird, dass die Unterstützung zunimmt. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble hat kürzlich gefordert, dass dieses Thema auf die politische Agenda müsse.

Klar ist, dass entsprechende Regeln – ähnlich wie Basel III – über einen längeren Zeitraum und stufenweise eingeführt werden müssten.“

8 Rolle der Notenbanken

„Wie ich anfangs verdeutlicht habe, lassen sich die strukturellen Probleme im europäischen Bankensektor  nur mit strukturellen Maßnahmen überwinden.

Die Geldpolitik, das möchte ich hier ganz klar betonen, kann diese strukturellen Probleme im Finanzsektor nicht lösen. Dazu haben wir weder die Mittel noch das Mandat.

Als Notenbank können wir nicht die Solvenzprobleme angeschlagener Institute lösen. Was wir können ist, vorübergehenden Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken.

So haben wir (im November 2013) im EZB-Rat beschlossen, die Vollzuteilungspolitik mindestens bis Mitte 2015 fortzusetzen. Ausreichende Sicherheiten vorausgesetzt, erhalten Banken vorerst also weiterhin so viel Liquidität, wie sie nachfragen. Eines dürfen wir schließlich nicht vergessen: Das europäische Finanzsystem ist ein bankbasiertes Finanzsystem, und das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Erfolgreiche Geldpolitik basiert auf Voraussetzungen, die sie nicht alle selbst schaffen kann. Ein funktionierendes Bankensystem gehört ebenso dazu wie solide Staatsfinanzen.

Meine Damen und Herren, derzeit sind die Inflationsraten im Euro-Raum sehr niedrig und deutlich unterhalb unserer Definition von Preisstabilität von nahe, aber unter 2 %. Unseren Prognosen zufolge wird die Phase niedriger Inflationsraten auch noch eine Weile andauern, bis die Teuerungsraten allmählich wieder Richtung 2 % steigen werden.

Vor dem Hintergrund des geringen Inflationsdrucks ist die expansive Ausrichtung der Geldpolitik angemessen.

Gleichzeitig möchte ich betonen, dass das von manchen heraufbeschworene Risiko einer sich selbst verstärkenden deflatorischen Abwärtsspirale aus sinkenden Löhnen und Preisen ebenfalls gering ist, trotz derzeit sehr niedriger Inflationsraten im Euro-Raum. Diese sind vor allem Folge sinkender Energiepreise und der Anpassungsprozesse in den Krisenländern. Mit der zunehmenden wirtschaftlichen Erholung der Krisenländer dürfte dort auch der Preisauftrieb wieder an Schwung gewinnen.

In der Erwartung allmählich steigender Inflationsraten hat der EZB-Rat auf seiner vergangenen Sitzung die geldpolitischen Zügel nicht weiter gelockert. Wir verfolgen die Entwicklung aber sehr genau und sind gegebenenfalls zu weiteren Maßnahmen bereit, um einer zu lange anhaltenden Periode niedriger Inflationsraten effektiv zu begegnen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir mit allen derzeit im Raum stehenden geldpolitischen Maßnahmen Neuland betreten würden. Daher stellen sich Fragen nach der Effektivität solcher Maßnahmen und nach den mit ihnen verbundenen Risiken und Nebenwirkungen. Außerdem müssen wir als EZB-Rat die Grenzen unseres geldpolitischen Mandats und die Vorgaben der Europäischen Verträge beachten.

Klar ist für mich auch, dass die Risiken mit der Dauer der Niedrigzinspolitik zunehmen, während die positiven, stimulierenden Wirkungen nachlassen. Darauf hat kürzlich auch der Bankenverband zu Recht hingewiesen.

An der Niedrigzinspolitik für einen längeren Zeitraum festzuhalten, als es für die Sicherung der Preisstabilität notwendig wäre, wie es zum Beispiel dasDIW kürzlich gefordert hat, um die Staatsschulden im Euro-Raum tragbarer zu machen, darf für uns keine Option sein. Damit würden wir uns in ein Regime fiskalischer Dominanz begeben und gegen unser Mandat verstoßen.

Vor allem würden wir das Vertrauen der Bürger in die Notenbanken aufs Spiel setzen; sie vertrauen darauf, dass die Geldpolitik unverrückbar am Ziel der Geldwertstabilität ausgerichtet ist. Letztlich würden wir unser wichtigstes Kapital verspielen, denn Geld ist nun mal nichts anderes als geronnenes Vertrauen.“

9 Schluss

„Meine Damen und Herren, ich habe Sie am Beginn meiner Rede an den Film „Mord im Orient-Express“ erinnert. Wie ich bereits erwähnte, fand Hercule Poirot heraus, dass es nicht einen Täter gab, sondern zwölf. Es handelte sich um einen Fall von Lynchjustiz: Der Tote war schuld am Tod eines kleinen Mädchens, und die Zwölf standen alle in irgendeiner Beziehung zu diesem Mädchen.

Poirot präsentierte aber auch noch eine zweite Theorie, nach der ein Unbekannter in den Zug eingedrungen und nach der Tat geflohen sei. Diese Theorie wurde schließlich vom Eisenbahndirektor der Polizei präsentiert, so dass die wahren Täter am Ende der Strafverfolgung entgehen.

Im Hinblick auf die Finanz- und Schuldenkrise kann und darf die Verantwortung nicht auf einen ominösen Unbekannten geschoben werden. Es geht darum, die richtigen Konsequenzen aus der Krise zu ziehen, um derartige Krisen in Zukunft nach Möglichkeit zu vermeiden.

Die Konsequenzen, die mit Blick auf den Finanzsektor gezogen werden müssen, sind umfangreich. Aber es wurde schon einiges erreicht.

Ohne stabile und gesunde Banken kann es keine stabile Währungsunion geben.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.“

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Bei publizistischer Verwertung wird um Angabe der Quelle gebeten.

Quelle: Deutsche Bundesbank

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Die Praxis: Wirkungslose Kontrolle, Banken zocken weiter

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DIE PRAXIS

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In Folge der Finanzkrise wollten Bundesregierung und EU die Finanzindustrie an die kurze Leine legen.
Doch die mächtige Lobby der Finanzindustrie hat es geschafft, viele der neuen Regeln aufzuweichen.

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Ihr Oeconomicus

Financial Soundness Indicators (FSI)

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Anfang 2000 das Projekt „Financial Soundness Indicators“ (FSI) in Reaktion auf die Finanzmarktkrisen der späten neunziger Jahre initiiert. Damit wurde der Versuch unternommen, makroprudenzielle Indikatoren zur Beurteilung nationaler Finanzsysteme in einer großen Zahl von Ländern nach einer möglichst einheitlichen Abgrenzung für die Öffentlichkeit bereitzustellen.

Die FSI sollen in erster Linie dazu beitragen, die Transparenz von Finanzsystemen zu erhöhen, insbesondere in solchen Schwellen- und Entwicklungsländern, für die entsprechende Daten bislang nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung standen. Daneben soll durch eine auf den Indikatoren aufbauende regelmäßige Lage- und Risikoeinschätzung die Krisenprävention verbessert werden. Unter diesen Gesichtspunkten verwendet auch der IWF diese Kennzahlen im Rahmen seiner Artikel-IV-Konsultationen und Financial-Sector-Assessment-Programme (FSAP) zur Einschätzung der Stabilität der Finanzsysteme seiner Mitgliedstaaten.

Die Indikatoren werden von den Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis regelmäßig erstellt und veröffentlicht. Gleichzeitig werden umfangreiche Erläuterungen („Metadaten“) über die statistische Methodik sowie die der Datenerhebung zugrunde liegenden rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen bereitgestellt. Sie sollen insbesondere die Unterschiede offenlegen, die aus den jeweiligen nationalen Bankenaufsichts- und Rechnungslegungsstandards resultieren und die Möglichkeiten länderübergreifender Vergleiche der Indikatoren einschränken. Diese Angaben sind somit eine unerlässliche Interpretationshilfe für die Nutzer der Daten.

Die Ergebnisse für Deutschland sowie methodische Erläuterungen, anhand derer die Berechnung der Indikatoren für Deutschland nachvollzogen werden kann, werden hier publiziert. Weitere methodische Erläuterungen für Deutschland sowie die Beiträge anderer Länder sind auf der Internetseite des IWF abrufbar.

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Basisdaten 2010 – 2013
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Indikatoren 2010 – 2013
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Methodische Erläuterungen zu den Indikatoren
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Quelle: Deutsche Bundesbank

Special Data Dissemination Standard

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat im April 1996 den „Special Data Dissemination Standard“ (SDDS) als Reaktion auf die „Asien-Krise“ Mitte der 90er Jahre ins Leben gerufen.
Ziel des SDDS ist, an zentraler Stelle Zugang zu Daten des fiskalen, realen, finanziellen und außenwirtschaftlichen Sektors einer Volkswirtschaft und dadurch auf internationaler Ebene größtmögliche Transparenz hinsichtlich deren Definition, Umfang, Frequenz und Aktualität zu schaffen und zur Verbesserung der Entscheidungsgrundlage für die Wirtschaftpolitik sowie zur Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte beizutragen.
Neben der Bundesbank verpflichten sich das Statistische Bundesamt, das Bundesministerium der Finanzen sowie die Bundesagentur für Arbeit die für die relevanten Sektoren vorgegebenen Indikatoren zu erstellen und auf der National Summary Data Page (NSDP) für Deutschland zu veröffentlichen.
Die Metadaten enthalten das für die deutschen Indikatoren maßgebliche methodische, konzeptionelle und institutionelle Rahmengerüst sowie den vom IWF publizierten Veröffentlichungskalender, der für vier Monate im Voraus bekannt gibt, welche Statistiken zu welchem Termin zur Verfügung gestellt werden. Die Einhaltung des Standards wird laufend durch den IWF überprüft und jährlich für die Gesamtheit der SDDS-Mitglieder auf der Website des IWF kommentiert.

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Quelle: Deutsche Bundesbank

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Special Data Dissemination Standard

Subscribing Countries

Countries that subscribe to the IMF’s Special Data Dissemination Standard make a commitment to observe the standard and to provide information about their data and data dissemination practices–metadata–for the DSBB.

The NSDP links presented below are intended to provide quick access to a single comprehensive source of economic and financial data consistent with the data categories and components described in the subscriber’s metadata. Additionally, many of the NSDPs include further links to additional data or information on other national Internet data sites.

A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | P | R | S | T | U | W |
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Quelle: IMF / IWF

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Special Data Dissemination Standard

Date of latest update: 14 January 2014

The data shown in this page correspond to the data described on the International Monetary Fund’s Dissemination Standards Bulletin Board (DSBB). For a fuller explanation of the DSBB and the statistical standards to which Germany has committed, please click on DSBB Home Page.

Real Sector – Fiscal Sector – Financial Sector – External Sector – Population
Unless otherwise indicated, data are not seasonally adjusted.

Economic and financial data for Germany
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Quelle: destatis

Sanktionen im Kapital- und Zahlungsverkehr

Allgemeine Informationen

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Sanktionsregimes

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Übersicht der erlassenen Sanktionen im Kapital- und Zahlungsverkehr.

Leserfrage zur Rekapitalisierung deutscher Banken nach WK II

Die Frage lautete:
Auf welche Weise wurden deutsche Banken nach WK II rekapitalisiert?

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Mit dem Instrument der Ausgleichsforderung wurden erstmals 1948 die durch die Währungsreform bedingten Bilanzverluste des Finanzsektor (Kreditinstitute, Versicherungen, Bausparkassen, Post) abgedeckt.

Zu diesem Zweck erhielten die Banken niedrig verzinsliche Schuldtitel der öffentlichen Hand im Gesamtvolumen von rund 22 Mrd. DM, deren Bilanzierung zum Nennwert gesetzlich festgeschrieben wurde. Obwohl die Unterverzinsung eine Belastung für Rentabilität und Liquidität des Finanzsektors war, wurde dadurch die Finanzierung des Nachkriegsbooms kaum beeinträchtigt. Soweit die Ausgleichsforderungen auf den Bund lauteten, wurden sie ab den 1970er Jahren sukzessive zurückgekauft und waren 1995 vollständig getilgt

Die Ausgleichsforderungen gegenüber der Deutschen Bundesbank stehen dagegen teilweise heute noch in den Bilanzen und werden erst 2034 vollständig getilgt sein.

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Quellen:
Bundesbank – Monatsbericht – November 1995
Monatsberichte der Bank Deutscher Länder – Juli 1949
Monatsberichte der Bank Deutscher Länder – Juni 1951

Auch nach der deutsch-deutschen Währungsunion machte man wieder von diesem Instrument Gebrauch. Diesmal wurden die Ausgleichsforderungen im Gesamtvolumen von 89 Mrd. DM mit einer marktgängigen Verzinsung zum Dreimonatszins Fibor und mit einer Tilgung von 2,5% pro Jahr ab 1995 versehen.
Auf diese Weise konnten auch die Bilanzverluste der früheren DDR-Banken praktisch reibungslos beseitigt werden.

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Quelle:
Die Währungsunion mit der Deutschen Demokratischen Republik

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Möglicherweise werden wir schon bald gewisse Unken nach dem Instrument der Ausgleichsforderungen rufen hören.

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Ihr Oeconomicus

Deutsche Bundesbank: Statistische Sonderveröffentlichung 4 – Juni 2013

Ergebnisse der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung für Deutschland – 2007 bis 2012
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Inhalt

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Methodische Erläuterungen

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Vorbemerkung
Inhalt, Ziel und Zweck der Finanzierungsrechnung
Methodischer Aufbau
  • Grundlagen
  • Gliederung nach Sektoren
  • Darstellung der finanziellen Instrumente
  • Erfassung der Dynamik
  • Konzeptionelle Aspekte
  • Statistische Quellen
  • Kompilierung
Ausgewählte Entwicklungen in den Jahren 2007 bis 2012

Tabellen

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I. Gesamtwirtschaft
  1. Vermögensbildung, Sparen und Finanzierungssalden
  2. Geldvermögensbildung und Außenfinanzierung
  3. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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II. Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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III. Inländische finanzielle Kapitalgesellschaften
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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IV. Monetäre Finanzinstitute (MFIs)
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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V. Sonstige Finanzinstitute
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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VI. Versicherungen und Pensionseinrichtungen
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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VII. Staat
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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VIII. Private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbszweck
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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IX. Übrige Welt
  1. Vermögensbildung und Finanzierung
  2. Geldvermögen und Verbindlichkeiten
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X. Vermögensbildung der Sektoren und ihre Finanzierung
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XI. Geldvermögen und Verbindlichkeiten der Sektoren
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Hinweis
Die Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen für die Jahre 2007 bis 2012 beruhen auf dem Datenstand vom Frühjahr 2013.
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Quelle: Deutsche Bundesbank – PDF [77 Seiten]

Bundestag stimmt für Übertragung der Bankenaufsicht

Bundestag stimmt für Übertragung der Bankenaufsicht

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Die bisher national wahrgenommenen Aufgaben der Bankenaufsicht können bald von der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen werden. Der Deutschen Bundestag stimmte am Donnerstag, den 13. Juni 2013, mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen sowie mit den Stimmen von SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem von den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung gleichlautend eingebrachten Entwurf für ein Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (17/1347017/13829,17/1390117/13961) zu.
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Die Abgeordneten der Linksfraktion stimmten dagegen. Damit kann der deutsche Vertreter im Europäischen Rat der Verordnung zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (SSM-Verordnung) seine Zustimmung erteilen. Dem neuen einheitlichen Aufsichtsmechanismus werden automatisch sämtliche Eurozonen-Mitgliedsländer angehören. Nicht-Eurozonen-Mitgliedstaaten können freiwillig teilnehmen.
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CDU/CSU: Wir setzen auf Europa
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„Wir machen heute den Weg für die europaweit einheitliche Bankenaufsicht frei“, sagte Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald (CDU/CSU). Der deutsche Gesetzgeber nehme seine Integrationsverantwortung wahr. „Es zeigt auch, das wir auf Europa setzen, statt die Bürger mit Euro-Austritts-Phantasien zu beunruhigen.“ Oswald hob auch hervor, dass es gelungen sei, dass kleine und mittlere Banken wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken unter nationaler Aufsicht bleiben werden.
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Zugleich bedankte sich der Vizepräsident, der nicht wieder für den Bundestag kandidiert, für die gute Zusammenarbeit. Er würdigte die „Kollegialität über alle Fraktionsgrenzen hinweg“ und appellierte an das Plenum: „Wir alle müssen gemeinsam daran arbeiten, hier im Plenum in einer Sprache zu reden, die nicht nur von den Experten verstanden wird. Auch das gegenseitige Zuhören und auf die Argumente des anderen einzugehen, muss immer wieder neu erarbeitet werden.“
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SPD: Forderung nach unabhängiger Aufsicht
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Manfred Zöllmer (SPD-Fraktion) stellte fest: „Die Risiken sind europäisch geworden, die Aufsicht ist aber national geblieben.“ Daher brauche man dringend eine europäische Bankenunion. Viele Banken in Europa seien marode und würden nur künstlich am Leben gehalten. Die Übertragung der Aufsicht an die EZB sei aber problematisch, weil es keine klare Trennung zwischen Geldpolitik und Aufsicht gebe. Es müsse auf Dauer eine unabhängige Aufsicht geschaffen werden.
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FDP: Keine Zeit zu warten
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„Wir haben keine Zeit, weiter zu warten“, appellierte Volker Wissing (FDP-Fraktion). Die Bankenaufsicht werde zu mehr Vertrauen führen, das dringend gebraucht werde. Über Restrukturierungsmaßnahmen werde später entscheiden. Wichtig sei jetzt, dass die gemeinsame Aufsicht komme, weil ausländische Banken auch Risiken haben könnten, die für deutsche Steuerzahler teuer werden könnten.
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Linke: Bankenaufsicht halbherzig umgesetzt
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Durch die Finanzkrise seien viele Menschen in Existenzkrisen geraten, und die Verschuldung der Staaten sei stark gestiegen, kritisierte Barbara Höll (Die Linke), die der Regierung vorwarf, viel zu spät gehandelt zu haben. Man brauche Maßnahmen gegen die Finanzzockerei und für die Abwicklung von Banken.
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Ihre Fraktion sehe die Notwendigkeit einer europäischen Bankenaufsicht, aber sie werde so halbherzig umgesetzt, dass sie nicht zustimmen könne. Die Bankenaufsicht werde im Vergleich zu heute nicht besser, weil zum Beispiel die Aufsicht nicht für den größten Bankenplatz London zuständig sein werde. Außerdem gebe es einen Zielkonflikt zwischen Geldpolitik und Aufsichtstätigkeit.
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Grüne: Europa hat drei Jahre verloren
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Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, es gehe darum, einen Fehler der Regierung zu korrigieren. Es gebe bereits eine Bankenaufsicht, und trotzdem werde jetzt eine neue Aufsicht gegründet. Das sei notwendig, weil man der bereits bestehenden Aufsicht die notwendigen Durchgriffsrechte nicht gegeben habe. Europa habe auch wegen des Widerstandes der Bundesregierung drei Jahre verloren. „Das war teuer, auch für den deutschen Steuerzahler.“
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Es wäre gut gewesen, wenn man bereits eine Aufsicht gehabt hätte, und man hätte sich „dramatische Monate der Rettung ersparen zu können“, sagte Schick mit Blick auf Spanien und Zypern. Er verlangte eine europäische Restrukturierungs- und Abwicklungsregelung, „dass Banken von Banken gerettet werden und nicht mehr vom Steuerzahler“.
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EZB-Aufsicht konzentriert sich auf bedeutende Banken
Wie in der Begründung des Gesetzentwurfs erläutert wird, konzentriert sich die direkte EZB-Aufsicht auf „bedeutende“ Kreditinstitute der teilnehmenden Länder. Kreditinstitute oder Konzerne mit einer Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder mehr als 20 Prozent des Bruttoninlandsprodukts eines Mitgliedslandes gelten grundsätzlich als bedeutend.
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„Unabhängig von diesen Kriterien beaufsichtigt die EZB mindestens die drei bedeutendsten Kreditinstitute eines jeden teilnehmenden Mitgliedstaats direkt“, schreiben die Fraktionen. Außerdem soll die EZB jene Kreditinstitute beaufsichtigen, die vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) direkte Unterstützung beantragt oder erhalten hätten.
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Ablehnung mehrerer Oppositionsanträge
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Abgelehnt wurden mehrere Oppositionsanträge. So hatten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/1187817/13961) „einen neuen Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte“ gefordert. Sie verlangten die Schaffung einer starken europäischen Bankenunion und wollten bei einer Übernahme von Aufsichtsfunktionen durch die Europäische Zentralbank (EZB) sichergestellt wissen, „dass die strikte Trennung von Geldpolitik und Aufsichtsfunktion gewährleistet bleibt.
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Auch ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13908), in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, einer raschen Übertragung der Kompetenzen für die Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung auf die Europäische Kommission zuzustimmen, wurde ebenso abgelehnt wie der Grünen-Antrag (17/13909) zur Stärkung der Kontrollrechte des Europäischen Parlaments. Nicht durchsetzen konnte sich auch die SPD-Fraktion mit einem Entschließungsantrag (17/13965), in dem ebenfalls ein einheitlicher europäischer Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus gefordert wird.
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Schließlich fand auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13910) keine Mehrheit, in dem der Bundesregierung vorgeworfen wird, mit der Vorlage eines Zustimmungsgesetzes zur EU-Verordnung zur Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht (SSM-Verordnung) das bewährte Zustimmungssystem nach Artikel 23 des Grundgesetzes verlassen zu haben, ohne hierfür eine Begründung geliefert zu haben.
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„Das Vorgehen der Bundesregierung kann die Rechtsgemeinschaft in der EU stark beschädigen und könnte unabsehbare Folgen für die Rechtsetzung der EU haben“, warnen die Abgeordneten in ihrem Antrag in dem auch darauf verwiesen wird, dass solche Verordnungen nach bisheriger Praxis keiner Zustimmung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates bedürfen und stellen zugleich fest: „Eine Präjudizwirkung – dahin, dass in Zukunft bei Verordnungen vermehrt die Mitwirkung beider Kammern durch Gesetz verlangt wird – hat das vorliegende Verfahren nicht.“
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Quelle: Bundestag
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Frank Schäffler – Rede zur Übertragung der Bankenaufsicht an die EZB 13.06.2013

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Barbara Höll, DIE LINKE: Eine europäische Bankenaufsicht ohne Durchgriffsmöglichkeiten

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Deutsche Bundesbank: Stellungnahme zum SSM-Zustimmungsgesetz

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Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages am 3. Juni 2013
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I. Stellungnahme zur Drucksache 17/13470 und Bewertung des Verordnungsentwurfs zur Übertragung von besonderen Aufgaben in der Bankenaufsicht auf die EZB (Ratsdokument 7776/1/13 Rev 1)

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1. Die Bundesbank begrüßt, dass auf europäischer Ebene eine Einigung der nationalen Regierungen über einen Entwurf für eine Verordnung zur Errichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus (single supervisory mechanism,SSM) erzielt wurde und dass Bundestag und Bundesrat nun die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zustimmung Deutschlands zu dieser Verordnung schaffen wollen. Eine gemeinsame Aufsicht kann zu einer Stärkung der Finanzstabilität und des institutionellen Rahmens der Währungsunion beitragen.
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Sie ist mit Blick auf die ausgeprägten finanziellen Verflechtungen europäischer Kreditinstitute und die länderübergreifenden Wirkungen von Bankenkrisen sinnvoll. Auf einer umfassenderen Informationsbasis und mit der Möglichkeit zu länderübergreifenden Quervergleichen ausgestattet, kann sie Risiken, die das Bankensystem bedrohen oder von ihm ausgehen, frühzeitiger und besser erkennen. Es entfällt der Ansatz, aus nationalen Erwägungen Banken zu schonen und damit auch ein Risiko für andere Mitgliedstaaten zu begründen.
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In der Krise hat sich gezeigt, dass die enge Verbindung zwischen den Risiken aus den öffentlichen Finanzen eines Landes und der Lage des dortigen Bankensystems problematisch ist. Künftigen Problemen sollte mit einem konsistenten, institutionellen Gesamtrahmen vorgebeugt werden. Hierzu gehört auch eine gemeinsame Aufsicht, die eine wichtige Bedingung für eine potenzielle Risikovergemeinschaftung über eine direkte Bankenrekapitalisierung durch den ESM darstellen sollte.
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In seiner Grundkonzeption enthält der Verordnungsentwurf eine Reihe von zielführenden Ansätzen. Insbesondere sind die vorgesehene Differenzierung zwischen signifikanten und weniger signifikanten Instituten und die daran anknüpfende Arbeitsteilung zwischen EZB und nationalen Aufsehern zu begrüßen.
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Zu begrüßen ist auch, dass der Entwurf die Handlungsfähigkeit makroprudenzieller Politik auf nationaler Ebene belässt, was sachgerecht ist, da die makroökonomischen Kosten einer systemischen Krise auf nationaler Ebene anfallen. Der EZB wird aber richtigerweise das Recht eingeräumt, die nationale makroprudenzielle Politik zu verschärfen. Aufgrund der zunehmenden Vergemeinschaftung von Risiken in der Währungsunion ist die Möglichkeit einer makroprudenziellen Intervention durch eine europäische Institution sachgerecht, falls nationale Stellen aus europäischer Sicht notwendige Verschärfungen ihrer regulatorischen Vorgaben hinauszögern oder unterlassen und damit unerwünschte Risiken für andere Mitgliedstaaten entstehen.
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Ein europäischer Aufsichtsmechanismus sollte bestimmte Anforderungen erfüllen, um auch langfristig eine tragfähige Lösung darzustellen. So sollten grundsätzlich geldpolitische und aufsichtliche Funktionen strikt getrennt und die Unabhängigkeit der EZB und ihrer Entscheidungsgremien zweifelsfrei gewährleistet werden. Um einen möglichst breiten geographischen Anwendungsbereich des SSM in Europa zu ermöglichen, sollten die Interessen der Mitgliedstaaten außerhalb des Eurogebiets, die mithin nicht in den EZB-Entscheidungsorganen EZB-Rat und EZB-Direktorium vertreten sind, angemessen berücksichtigt werden.
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2. Der am 16. April 2013 gefundene Kompromiss (Ratsdokument 7776/1/13 REV 1), der dem Gesetzentwurf zugrundeliegt, wird diesen Anforderungen nicht in jeder Hinsicht gerecht. Es verbleiben einige Schwachstellen des Verordnungstextes, die auf das Bestreben zurückgehen, möglichst kurzfristig und ohne Änderung des EU-Primärrechts eine europäische Bankenaufsicht zu schaffen. Zu diesem Zweck überträgt die Verordnung der EZB weitreichende bankaufsichtliche Funktionen auf Basis des Artikels 127 Absatz 6 AEUV.
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Die strikte Trennung der geldpolitischen und bankaufsichtlichen Aufgaben ist auf Basis dieser Rechtsgrundlage ohne Änderung des primärrechtlich verankerten, institutionellen Rahmens der EZB nicht möglich. Es wird die Errichtung eines neuen Aufsichtsgremiums (Supervisory Board) vorgesehen, das Entscheidungen des EZB-Rates vorbereitet; über Meinungsverschiedenheiten zwischen EZB-Rat und Aufsichtsgremium befindet ein Vermittlungsausschuss mit einfacher Mehrheit. Dieser Vermittlungsausschuss soll die Trennung zwischen geldpolitischen und aufsichtlichen Funktionen innerhalb der EZB gewährleisten. Nach geltendem europäischen Primärrecht muss der EZB-Rat jedoch grundsätzlich die Letztverantwortung für bankaufsichtliche Entscheidungen tragen. Insofern ist es begrüßenswert, dass im Kompromisstext vom April eine zuvor enthaltene Passage, die auf eine Letztentscheidungsbefugnis des Vermittlungsausschusses hindeutete („with an aim to finally resolve“, wenn auch nur in den Erwägungsgründen), gestrichen wurde.
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Wird entgegen diesen grundsätzlichen Einwänden von einer Befugnis des Vermittlungsausschusses zu letztverbindlicher Entscheidung in Streitfällen ausgegangen, ergeben sich weitere Bedenken im Hinblick auf die Rolle derEZB-Ratsmitglieder. Wenn diese eine Entscheidung des Vermittlungsausschusses als verbindlich behandeln müssten, würde dies die Unabhängigkeit des EZB-Rats einschränken.
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Kritisch ist zudem zu sehen, dass der EZB-Rat nach dem Verordnungsentwurf Entscheidungsvorlagen des Aufsichtsgremiums nur annehmen oder ablehnen, jedoch nicht selbst gestalten kann. Wenn der EZB-Rat die Verantwortung für aufsichtliche Entscheidungen tragen soll, muss er die Maßnahmen auch entsprechend gestalten können.
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Schließlich lässt der geltende institutionelle Rahmen insbesondere im Hinblick auf die Letztverantwortung des EZB-Rats keine gleichrangige Teilnahme von Mitgliedsstaaten außerhalb des Eurogebiets, die gleichwohl dem SSM beitreten, zu. Insbesondere lässt das Primärrecht ein Stimmrecht der Vertreter dieser Staaten im EZB-Rat nicht zu.
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II. Aus dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus folgende europäische Arbeiten

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Der SSM sollte nicht als für sich allein stehendes Projekt verstanden, sondern im Kontext weiterer Reformmaßnahmen gesehen werden, die bereits im Gange sind oder zeitnah angestoßen werden sollten.
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Mittelfristig sollte neben die gemeinsame Bankenaufsicht auch eine adäquate materielle Regulierung treten, die verhindert, dass Banken übermäßige Risiken aus der Staatenfinanzierung übernehmen, unter anderem durch eine risikoangemessene Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen und Obergrenzen für die Kreditvergabe an Staaten.
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Benötigt wird ferner ein Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus, der sicherstellt, dass neben den Eigentümern in erster Linie die Investoren im Risiko für ihre Anlageentscheidung bleiben. Insofern begrüßt die Bundesbank den Fortschritt der Arbeiten an der Bank Recovery and Resolution Directive(BRRD), die derzeit auf Ratsebene verhandelt wird und die die nationalen Abwicklungsrechte harmonisieren soll. Ein zeitlicher Gleichlauf zwischen der aufsichtsrechtlichen Verantwortung für die als systemisch bedeutend erklärten Banken im Euroraum nach Errichtung des SSM und der auf einer harmonisierten Rechtsgrundlage gegebenen Möglichkeit einer effizienten Beteiligung der Gläubiger der Banken an Restrukturierungs- und Abwicklungskosten in allen Mitgliedstaaten ist sicherzustellen; hierzu ist ein einheitliches europäisches Restrukturierungs- und Abwicklungsrecht erforderlich.
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Wird die Kontrolle über aufsichtliche Entscheidungen auf die europäische Ebene verlagert, so muss letzten Endes auch die Verantwortung für die Sanierung und Abwicklung von Banken europäisiert werden. Die Politik sollte mit Nachdruck die Schaffung der erforderlichen Voraussetzungen angehen, insbesondere die Errichtung einer europäischen Abwicklungsbehörde und eines europäischen Abwicklungsfonds auf einer gerichtsfesten Grundlage ermöglichen. Dafür ist eine Änderung des Primärrechts der Europäischen Union unumgänglich. Diese Änderung könnte zudem dazu genutzt werden, die oben genannten Schwachstellen in der SSM-Verordnung nachträglich zu bereinigen, ohne den Start des einheitlichen Aufsichtsmechanismus zu verzögern.
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Die Bundesbank begrüßt deshalb, dass die Kommission für den Sommer 2013 einen Entwurf für eine Verordnung angekündigt hat, mit der ein einheitlicher institutioneller Abwicklungsmechanismus (single resolution mechanism, SRM) errichtet werden soll, welcher über die Befugnisse aus derBRRD verfügen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Haftung für Altlasten der künftig vom SSM beaufsichtigten Banken nicht auf europäischer Ebene sondern auf nationaler Ebene verbleiben sollten.
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III. Aus dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus folgender nationaler Anpassungsbedarf

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Die Errichtung des SSM wirft auch einige national zu klärende Fragen auf, die die Legislative nach der Zustimmung zur SSM-Verordnung in Angriff nehmen sollte. So ist auch die Frage der Vertretung Deutschlands im neuen Aufsichtsgremium zu klären.
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Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Regierungen der Euro-Mitgliedsstaaten entschieden haben, umfassende bankaufsichtliche Befugnisse auf die Europäische Zentralbank zu übertragen. Damit wird derEZB-Rat als das nach EU-Primärrecht vorgesehene Entscheidungsgremium Einzelfallentscheidungen gegenüber systemisch relevanten Instituten im Euroraum verantworten und die allgemeine Ausrichtung der Aufsichtspraxis gegenüber allen Kreditinstituten im Geltungsbereich gestalten. Dadurch ändert sich die Rolle der zuständigen nationalen Aufsichtsinstitutionen fundamental. Das gilt vor allem in Deutschland, in dem, anders als in elf der 17 Staaten der Währungsunion, die Zentralbank bisher aufsichtsrechtliche Maßnahmen nicht verantwortet. Künftig wird der Präsident der Deutschen Bundesbank als Mitglied des EZB-Rates Mitverantwortung für aufsichtliche Entscheidungen des SSM tragen.
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Gefunden werden muss eine Antwort auf die Frage, wie Deutschland bei den im SSM vorgesehenen Entscheidungsstrukturen das erforderliche Gewicht und die Durchsetzungsfähigkeit bei den anstehenden Entscheidungen sicherstellt. Dazu muss die Deutsche Bundesbank nicht nur ständig im Aufsichtsgremium vertreten sein, sondern auch das deutsche Stimmrecht gemeinschaftlich zwischen BaFin und Bundesbank ausgeübt werden.
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Diese Lösung wird der geänderten Rolle des Bundesbankpräsidenten in der Bankenaufsicht gerecht und stünde in Einklang mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Art. 19 Abs. 1 und Abs. 2 der SSM-Verordnung, der Aufsichtsbehörde und Zentralbank auch der Mitgliedstaaten als Einheit behandelt, bei denen die Zentralbank nicht die Instanz ist, die für bankaufsichtliche Rechtsakte verantwortlich zeichnet.
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Zudem kann nur mit einer Einbindung der Bundesbank in alle Entscheidungsstrukturen, insbesondere in die Diskussion und Entscheidungen des Aufsichtsgremiums, gewährleistet werden, dass die deutschen Positionen stringent und konsistent vertreten werden – so wie das die Mehrheit der anderen Mitgliedsstaaten im SSM gewährleisten kann.
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IV. Anmerkungen zum Antrag aus Drucksache 17/11878

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Wir teilen viele der Einschätzungen, die in dem Antrag „Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte“ angesprochen werden. Insbesondere schließen wir uns dem Plädoyer für eine europäische Bankenaufsicht ebenso an wie der Einschätzung, dass diese primär ein präventives Instrument sei, das die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Krisen verringern, die akuten Probleme aber nicht lösen könne. Ebenso teilen wir die Forderungen nach einer strikten Trennung von Geldpolitik und Aufsichtsfunktion sowie nach zügiger Herbeiführung einer Einigung hinsichtlich der BRRD.
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Die Bundesbank steht der im Antrag enthaltenen Forderung nach Umsetzung des Konzeptes zu einem Schuldentilgungsfonds, das der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgelegt hat, jedoch skeptisch gegenüber. Durch die umfangreiche Gemeinschaftshaftung würden Haftung und Kontrolle erheblich aus der Balance geraten. Der grundsätzliche Rahmen nationaler Eigenverantwortung für die Finanzpolitik würde kaum angetastet – zumal der Vorschlag wohl im Rahmen der bestehenden Verfassungen und Verträge umgesetzt werden soll. Es werden faktisch auch für den Fall, dass Regeln nicht eingehalten werden, keine Souveränitätsrechte auf die europäische Ebene verlagert oder Durchgriffsrechte auf die nationalen Haushalte begründet. Die faktischen Eingriffsmöglichkeiten gehen kaum über das schon derzeit vorhandene Niveau hinaus und die angedeutete Sicherheitenstellung scheint bei Weitem keine ausreichende Absicherung darzustellen. Der Schuldentilgungspakt sieht im Vergleich zu den bisherigen Vereinbarungen auch keine ambitionierte fiskalische Ausrichtung vor, so dass der Name „Tilgungspakt“ hier missverständlich sein kann. So sollen im Wesentlichen die vorhandenen Vorgaben eines annähernd ausgeglichenen Haushalts umgesetzt werden. Vorübergehend werden Eurobonds ausgegeben, und diese sollen wieder getilgt werden. Sie werden aber lediglich wieder durch nationale Emissionen ersetzt und die Schuldenquote soll durch das steigende BIP (im Nenner) reduziert werden. Die Rückführung der Schuldenquote im Zeitverlauf würde somit nicht stärker ausfallen als auf Basis der bestehenden Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts bzw. des Fiskalpakts.
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Insgesamt gesehen stellt der Vorschlag eines Schuldentilgungspaktes eine umfassende Einführung von gemeinschaftlicher Verschuldung in den nächsten Jahren dar, ohne dass hiermit eine ausreichende Abgabe nationaler Souveränitätsrechte verbunden wäre.
Ob eine Umsetzung im Rahmen der bestehenden europarechtlichen Verträge und auch der deutschen Verfassung möglich wäre, erscheint zudem sehr fraglich. Insofern erscheint im bestehenden Ordnungsrahmen die Hilfsmechanismen des EFSF oder des ESM deutlich angemessener. Sie sehen strikt konditionierte Hilfen als Ultima Ratio vor und sollten möglichst mit Zinsaufschlägen einhergehen.
Eine umfassende Gemeinschaftshaftung wie sie der Schuldentilgungspakt vorsieht, wäre nur mit einer umfassenden Reform des Ordnungsrahmens derEWU hin zu einer Fiskalunion zu rechtfertigen.
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Quelle: Bundesbank

Weidmann ermahnt Frankreich

„Das ist für mich kein Sparen“
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Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, hat die französische Regierung wegen ihrer Haushaltspolitik kritisiert. Nach Prognose der EU-Kommission werde Frankreichs Defizit 2013 bei knapp vier Prozent liegen und 2014 sogar leicht steigen, sagte Weidmann der WAZ-Mediengruppe.

„Das ist für mich kein Sparen. Verabredet hatten die Mitgliedstaaten mittelfristig ausgeglichene Haushalte.“

Um Vertrauen zurückzuerlangen, dürfe man Regeln nicht nur aufschreiben und deren Einhaltung in der Zukunft versprechen, sondern müsse sie mit Leben füllen.
N-TV

Milliarden-Airbag für Athen-Risiken

Deutsche Bundesbank stellt Geschäftsbericht vor

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Die Deutsche Bundesbank hat im Geschäftsjahr 2012 einen Jahresüberschuss von 664 Mio € erzielt.
„Trotz deutlich gestiegener Zinserträge ist der Gewinn kaum gestiegen. Grund dafür ist die kräftig aufgestockte Risikovorsorge“
erklärte Bundesbankpräsident Jens Weidmann bei der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt.
Nach einem Überschuss von 643 Mio € im Vorjahr, fiel der Gewinn mit 664 Mio € auch 2012 verhältnismäßig gering aus. Dies ist insbesondere auf die erneute Aufstockung der Rückstellung für allgemeine Wagnisse um 6,7 Mrd € auf 14,4 Mrd € zurückzuführen. Bereits in den beiden vorangegangenen Jahren hatte die Bundesbank ihre Rückstellung um 1,6 Mrd € und 4,1 Mrd € erhöht.
„Mit der Erhöhung in diesen drei Teilschritten wird den Risiken in der Bundesbankbilanz angemessen Rechnung getragen“
erklärte Weidmann und verwies auf die im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise weiter gestiegenen Risiken aus geldpolitischen Geschäften. Nicht nur der Umfang, auch der Risikogehalt der Refinanzierungsgeschäfte habe deutlich zugenommen.
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Deutsche Konjunktur verliert an Schwung
Auch für die deutsche Konjunktur stellte die Finanz- und Staatsschuldenkrise laut Weidmann ein bedeutendes Risiko dar. Nach kräftigen Zuwächsen in den beiden Jahren zuvor ist das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2012 nur moderat gewachsen. Belastet wurde die deutsche Volkswirtschaft vor allem durch die Anpassungsrezessionen in den Peripherieländern sowie den krisenbedingten Vertrauensverlust. Trotz des schwierigen Umfelds hat die Beschäftigung in Deutschland aber weiter zugenommen. Gleichzeitig sind kurzfristig abnehmende Inflationsrisiken im Euro-Raum zu beobachten.
„Wenn weitere Vertrauensschocks ausbleiben, sollte sich das Wachstum im Verlauf des Jahres verstärken“
prognostizierte Weidmann.
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Bundesbank unterstützt Bankenunion
Der Bundesbankpräsident lobte zudem die Fortschritte beim Projekt zur europäischen Bankenunion:
„Eine Bankenunion, die Risiken in den nationalen Bankensystemen konsequent entgegentritt, kann ein Stützpfeiler für eine stabile Währungsunion sein.“
Gleichzeitig mahnte Weidmann, die Bankenunion solle keine neuen Interessenskonflikte schaffen. Mit der Übertragung der Verantwortung für Aufsichtsentscheidungen an den EZB-Rat seien jedoch Konflikte vorgezeichnet.
„Die jetzt gefundene Konstruktion ist nicht optimal. Ich hoffe, dass sie nicht den Endpunkt der Entwicklung darstellt“
so der Bundesbankpräsident. Dass im nächsten Jahr bereits eine vollständig neue europäische Aufsicht ihre Arbeit aufnehmen kann, hält Weidmann für nicht möglich. Deshalb müsse zunächst auf bestehende nationale Strukturen zurückgegriffen und eine klare Aufgabenteilung zwischen nationalen Aufsehern und der EZB festgelegt werden. Zudem betonte er, zu einer Bankenunion gehöre neben der gemeinsamen Aufsicht auch ein Abwicklungs- und Restrukturierungsmechanismus. Dieser solle sicherstellen, dass im Fall der Schieflage einer Bank in erster Linie die Eigentümer und Gläubiger haften.
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Deutsche Finanzaufsicht wird gestärkt
Ausdrücklich begrüßte Weidmann die gesetzliche Verankerung der makroprudenziellen Überwachung auf nationaler Ebene. Die Krise habe gezeigt, dass die Stabilität einzelner Finanzinstitute alleine nicht ausreiche, um die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Finanzsystems insgesamt zu sichern. Stattdessen müsse das Finanzsystem als Ganzes überwacht werden. Diese Aufgabe wird künftig der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) übernehmen, der Bundesbank wird dabei eine zentrale Rolle zugewiesen.
Pressemitteilung – Deutsche Bundesbank
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Spekulationen (und BuBa-Dementi) über Weidmann-Rücktritt

Spekulationen (und BuBa-Dementi) über Weidmann-Rücktritt

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Kurzzeitig sackten Dax und Euro ab: Spekulationen über einen Rücktritt von Bundesbankpräsident Weidmann haben Anleger verunsichert. Die Behörde dementierte. Gestreut wurde das Gerücht offenbar zunächst via Twitter. Die Bundesbank schließt Marktmanipulationen nicht aus!
SpOn
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Anmerkung
Kommt Ihnen diese Geschichte auch etwas seltsam vor?
Kann jemand ausschließen, dass uns insgeheim die Lernkurve „Wie demontiert man einen unliebsamen Bundesbank-Chef“ angeboten wird?
Sabine Lautenschläger, die sich wesentlich konzilianter präsentiert und somit gelegentlich im Widerspruch zu Weidmann steht, könnte eine politisch korrekte Pole Position während etwaiger Nachfolge-Diskussionen einnehmen.

Ihr Oeconomicus